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Später Dank an Peter Lübbe – Aus meinem Finnland-Kapitel

2014 12. Januar
von Martin Löschmann

Dr. Dieter Stellmacher und kurz nach unserer Rückkehr 1973 Dr. Peter Lübbe, ersterer von der Leipziger Universität, der andere vom Hinstorff Verlag Rostock und Mitglied der SED seit 1946, eingetreten allerdings ursprünglich in die SPD, mussten weder zurückgeschickt noch in der DDR zurückgehalten werden, sie verließen von ihrer Arbeitsstätte Universität Jyväskylä aus die Republik. Zu Stellmacher gab es so gut wie keinen Kontakt außerhalb der Arbeit. Er war mal bei uns eingeladen und fiel durch sein Gebet vor dem Essen auf. Sein Weggang betraf uns persönlich nur am Rande, jedoch setzte es massive offizielle Schelte. Irgendwie habe ich mich sogar über diese missliche Angelegenheit ein wenig lustig gemacht, indem ich – meistens bei einem Glas Whisky – erzählte, ich hätte vor, Stellmacher aus Stockholm, wohin er zunächst geflüchtet war,  mit meinem Dienstwagen, einem Wartburg, zurückzuholen. Ob ich denn nicht wüsste, zu welchen politischen Verwicklungen meine ‚Rückhol-Aktion‘ führen könne, werde ich vom Leiter der Handelsvertretung Heinz Oelsner, einem durchaus umgänglichen Typ, allen Ernstes gefragt.

Rund vierzig Jahre später lese ich in dem nicht unbedingt lesenswerten Erinnerungsbuch „Euer Held. Euer Verräter“, verfasst vom bewunderten Skisprung-Olympiasieger 1976, Hans-Georg Aschenbach, dass ein Stasi-Spitzel und langjähriger Wegbegleiter ihn betäuben und im Auto in die DDR zurückbringen sollte. Das Vorhaben, das nicht dokumentiert ist, wurde indes nicht ausgeführt. Wahrscheinlich hat Aschenbach bei einem Wettkampf in Lahti von meinem Gedankenexperiment erfahren und es als Würze für seine widersprüchliche Biografie benutzt. Verbürgt ist auf jeden Fall, dass ich ihn in Lahti auf der damaligen Salpausselkä-Schanze habe springen sehen. Da war er allerdings noch nicht Olympiasieger bzw. Welt-, wohl aber DDR-Meister.

Ich war schon vorher einmal zum Rapport in die Handelsvertretung bestellt worden: Mit dem Vertreter von Interflug, Klaus Elbe, hatte das Deutschlektorat eine Art Sprachreise mit Jugendtourist organisiert. Um die notwendige Teilnehmerzahl zu erreichen, schalteten wir die Freundschaftsgesellschaft Finnland – DDR ein. Sie wurde fündig, und die Reise konnte stattfinden. Dass es sich jedoch bei den Reisenden von der Gesellschaft um ältere Leute, darunter einen schon recht gebrechlichen Siebziger handelte, erfuhren wir erst, als die erste geharnischte Kritik bei Elbe eintraf. Offensichtlich musste auch die Handelsvertretung davon Wind bekommen haben. Ich musste mir kräftig Asche aufs Haupt streuen und zusammen mit dem Leiter des Interflugbüros dafür Sorge zu tragen, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholte. Ein Entschuldigungsschreiben an Jugendtourist war überdies fällig.

Wie kann so eine Flucht passieren, wurde ich als Cheflektor in Helsinki, aber erst recht in Berlin bedrängt. Da muss doch etwas im Kollektiv nicht in Ordnung sein! Meine unmissverständliche Antwort hat mich womöglich in diesem Fall gerettet: Wer über Finnland weg will, kann nicht aufgehalten werden. Das galt dann auch im Fall Peter Lübbe, der hatte beste Arbeitsbedingungen in Jyväskylä, war in den Kreis der Lektoren integriert, hat mitgefeiert, wenn er in Helsinki war und es etwas zu feiern gab. Er muss, denke ich, auch einen direkten Faden zur Handelsvertretung gehabt haben. So wurde er von dort beauftragt, für Hermann Axen, einen Auftritt an der Universität Jyväskylä zu organisieren. Ich erfuhr zufällig, dass die Handelsvertretung auf Grund seiner Angaben mit mehr als 100 Besuchern rechnete. Meine Skepsis wurde in den Wind geblasen. Als sich dann die Tür für den kleinen Mann öffnete, einen KZ-Überlebenden, Mitglied des Politbüros des ZK und zentrale Figur der Außenpolitik der SED, erwarteten ihn ganze 12 Personen, darunter so gut wie keine Studierenden, nur Peters Freundin, die er Axen vorstellte. Ich dachte, das kostet ihn Kopf und Kragen. Mitnichten. Die misslungene Veranstaltung wurde seitens der Handelsvertretung totgeschwiegen, und Dr. Lübbe konnte unbekümmert weiterarbeiten. Wieso eigentlich?

Ich habe ihn nach dem Finnlandeinsatz völlig aus den Augen verloren. Zwar hatte mich Johannes Wenzel auf Lübbes Buch Kulturelle Auslandsbeziehungen der DDR. Das Beispiel Finnland kurz nach dessen Erscheinen 1981 aufmerksam gemacht, doch Suomi war für mich damals weitgehend abgeschlossen, die Arbeit an meiner Habilitation nahm mich mehr als verträglich in Anspruch. Und was sollte da schon über mich drin stehen, was ich noch nicht wusste. Dr. Lübbe kam zudem von der Geschichte und der Literatur, hatte mit Linguistik, Sprachunterricht Deutsch als Fremdsprache wenig am Hut, rümpfte eher die Nase, wenn es um didaktische Fragen ging. Ich hatte mich schon gefragt, was einen Historiker und Verlagslektor für den Germanistischen Lehrstuhl in Jyväskylä prädestinierte, aber gut ein Literaturwissenschaftler war schon einsetzbar. Sicherlich war mein Desinteresse auch Ausdruck einer bestimmten Überheblichkeit gegenüber Leuten, die die Republik verließen und sich einem anderen System andienen wollten oder mussten. Einen Arbeitsauftrag von der Friedrich-Ebert-Stiftung bekommt man ja wohl nicht von ungefähr. Oder?
Indes 2009 über meinen Finnlandaufenthalt zu schreiben, ohne dieses Buch gelesen zu haben, geht nicht. Deshalb fahre ich kurz vor Abschluss des Kapitels in die Deutsche Bücherei in Leipzig. Im ersten Moment bin ich erstaunt und verwundert, was der Verfasser gewissermaßen mit der Pinzette recherchiert und mit Akribie niedergeschrieben hat. Wer sich für die kulturellen Beziehungen zwischen der DDR und Finnland von Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre interessiert, mute sich ruhig das ganze Buch zu; wer Näheres über Löschmann erfahren will –  doch wer will das schon? –  dem sei besonders das Kapitel über das DDR-Kulturzentrum empfohlen, immerhin 26 von 488 Seiten! Genauer, detaillierter und krümmelkackerischer hätten meine Tagebuchaufzeichnungen nicht sein können, wenn ich denn welche angefertigt hätte. Der dokumentarische Wert mag für Historiker oder Politiker gegeben sein, doch scheint mir die ideologische Brille des Schreibers den Wert der Auflistung der verschiedenen Aktivitäten zu schmälern, auch deshalb, weil oft der erklärende und dadurch erhellende Kontext nicht mitgeliefert wird. Wenngleich vieles zutrifft, was da aufgespießt wird, man spürt die Absicht und ist verstimmt, Aber ich will hier schließlich keine Rezension schreiben, sondern mich nur auf meinen Part in diesem Buch beziehen und dem Schreiber erst einmal danken, dass er mich an mehreren Stellen erwähnt und auch zitiert. Es ist ja bekannt, Wissenschaftler lesen Veröffentlichungen ihrer Kollegen oft nur, um festzustellen, ob und wie oft sie aufgeführt sind. Mit der Zahl meiner Zitierungen kann ich wirklich zufrieden sein, wenngleich nur politische Aspekte betrachtet werden und das Buch aus meiner Sicht nicht eigentlich ein wissenschaftliches genannt werden kann. Politisch motivierte Betrachtungen eines Verlagslektors, kein Quereinsteiger, sondern eher einer, der sich mit historisch-politischen Problemfeldern der Beziehungen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten auseinandersetzen will, wie aus den Titeln seiner weiteren Veröffentlichungen hervorgeht.
Manches, was bis zum Bibliotheksbesuch vergessen war, tauchte plötzlich wieder auf, und die Lektüre förderte bei mir mehr zutage, als Dr. Lübbe in seiner minutiösen Darstellung aufschrieb. Da muss man doch dem Autor dankbar sein. Es freut einen einfach, wenn man auf Seite 135 bescheinigt bekommt, dass man seine Arbeitssituation realistisch eingeschätzt habe. In einem Entwurf zur Auslandsinformation im Konversationsunterricht der Deutschlektorate beim DDR-Kulturzentrum schrieb ich: „Nur ein geringer Teil der Hörer kommt mit dem Ziel, sich über das gesellschaftliche Leben in der DDR informieren zu lassen.“ Diese meine klarsichtige Einschätzung war ein Affront gegenüber schönfärbenden Berichten über das Interesse von Finnen an der DDR, von dem meine Vorgänger und Vorgängerinnen geschwärmt hatten. Zugleich kann ich der Kritik uneingeschränkt zustimmen, die exponiert, dass sich in meinem Entwurf zur Verbesserung des Konversationsunterrichts „bekannte altbackene politische Losungen“ spiegeln. Dies lesend, muss in meinen Kopf, dass ich in der Tat Fahnenwörter wie imperialistische BRD oder die Übereinstimmung von gesellschaftlichen und persönlichen Interessen unreflektiert übernommen habe. Dahinter steckte ja der naive Glaubenssatz, dass aus den neuen Produktionsverhältnissen und dem ökonomischen Fortschritt mehr oder weniger unwillkürlich ein neuer Mensch hervorgehe. Es steht schwarz auf weiß da und die Tatsache, dass es sich um einen Entwurf handelte, macht die Angelegenheit nicht besser, auch nicht der Hinweis auf unausweichliche Vorgaben durch das MHF, das Kulturzentrum und die Handelsvertretung, entgegen Lübbes Aussage jedoch nicht aus Leipzig (vom Herder-Institut). Papier ist geduldig und ein Trost bleibt: Hätten wir unseren Konversationsunterricht nach diesen konzeptionellen Vorstellungen gestaltet, wären die Kursanten einfach weggeblieben, Deutschlehrerinnen und -lehrerinnen erst gar nicht gekommen. Das muss auch Lübbe konstatieren: „Die Wünsche der SED-Funktionäre in Ostberlin und Leipzig sowie auf Lektorentagungen verabschiedete „Konzeptionen“ auf der einen Seite und der Unterrichtsalltag auf der anderen sind schon deshalb unterschiedliche Felder, weil es kaum DDR-Lektoren gibt, die sich in ihrer Lehrtätigkeit im Ausland wirklich strikt an die verordneten ideologischen Vorgaben halten mögen und halten.“ Doch die durchaus kritikwürdige Janusköpfigkeit unserer Arbeit aufzuzeigen ist nicht Lübbes Forschungsinteresse, sondern eher betreibt er das Geschäft der Verunglimpfung. So lese ich: „Die Lektoren erteilen ohne Zweifel, dafür bürgt ihre Fachausbildung, guten Sprachunterricht. Die DDR-Germanisten aber, ob es ihnen gefällt oder nicht“ sind verpflichtet, ihr Hauptaugenmerk auf die „Auslandsinformation“ zu legen.  Was dabei wider besseren Insider-Wissens verschwiegen wird, ist in den Lektorenberatungen nicht nur einmal klargestellt worden: Die gediegene fachliche Arbeit ist die beste Auslandsinformation.
Gleichwohl waren wir alle du, Peter, übrigens auch bis zu deinem Weggang  „den politischen Rahmenbedingungen unserer Arbeit“ unterworfen. Jede wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit Lektoren aus der Bundesrepublik hätte zur Abberufung geführt. Die Lektorentagungen jeweils im Sommer lieferten genügend Beispiele dafür. Dass die strikte Abgrenzungspolitik mitunter groteske, ins Lächerliche gehende Formen annahm, bleibt unbestritten. Mein Wirken als Cheflektor – ganz im Sinne des Geistes von Helsinki – hat aber zu einem nicht geringen Teil dazu beigetragen, dass im Juni 1973, also nach unserer Rückkehr nach Leipzig, in Heinola die Tagung zur Landeskunde im Deutschunterricht stattfand, auf der alle vier deutschsprachigen Länder durch jeweils zwei profilierte Experten vertreten waren. Die Bedingung der Entscheidungsgremien in der DDR war gewesen (wie schon im vorausgegangenen Kapitel ausgeführt): Die vier Landesgruppen arbeiten jeweils mit finnischen Experten eigenständig, direkte Zusammenarbeit mit den Vertretern der Bundesrepublik ist zu vermeiden. Für die Durchsetzung vor Ort war ich als ehemaliger Cheflektor und zur Tagung angereist mitverantwortlich. Wie es auch sei, Peter Lübbe bestätigt den beachtlichen Erfolg dieses Arbeitstreffens trotz aller „gesamtdeutschen Pferdefüße“, schreibt jedoch den Erfolg allein den Finnen zu, vermeidet auch geflissentlich meinen Anteil am Zustandekommen dieses Treffens zu erwähnen. Dafür kann ich dir nicht danken, Dr. Peter Lübbe.
Es war ein weiter Weg sowohl für die finnische Schulbehörde als auch die finnischen Lehrbuchautoren, die politischen Gegebenheiten trotz der Neutralitätspolitik anzuerkennen. Als ich nach Finnland kam, gab es finnische Deutschlehrbücher, in denen Deutschland in den Grenzen von 1937 präsentiert wurde. Die Arbeit mit finnischen Lehrbuchautoren und -autorinnen wurde deshalb zu einem Schwerpunkt der Arbeit, die Peter Lübbe leider ausklammert. Er kannte doch die Ergebnisse der Lehrbuchanalyse, die Dr. Horst Weber (Leipzig) und ich im Auftrage des Kulturattaches Dr. Otto Brandstetter erarbeiteten. Sie wurde der finnischen Schulbehörde übergeben. Zweimal wurden dann für Gruppen von Lehrbuchautoren landeskundlich orientierte Erkundungsreisen in die DDR organisiert, unter den Beteiligten der wunderbar joviale Seppo Louhivaara, Vorsitzender des Finnischen Deutschlehrerverbandes, Heikki Hirvinen, der sachliche Oberinspektor in der Schulbehörde, die liebenswerte kluge Leena Huju, Gymnasiallehrerin und Lehrbuchautorin, Ritva Karlsson, die attraktive Sekretärin des Deutschlehrerverbandes, ebenfalls Gymnasiallehrerin und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und andere.
Nach Abschluss der ersten Reise gab es vom Deutschlehrerverband einen würdigen Empfang für Marianne und mich in einem Fünfsterne-Hotel. Das Geschenk, eine von einem bekannten Künstler geblasene Glasschüssel in changierenden rosabräunlichen Farbtönen. Erhebend, neu für uns, wenn eine Dame aufstand und den Raum verließ, erhoben sich alle Männer der Runde, wenn sie zurückkam, die gleiche Prozedur. Abgegriffen, aber hier scheint mir das Wort u n v e r g e s s l i c h am richtigen Platz.

N.B.: Jemand hat im September 2015 den obigen Beitrag aufgerufen. Womöglich hat sich derjenige oder diejenige für die Kulturpolitik beider Staaten in Finnland interessiert. Wie es auch sei, wer den Beitrag zu Peter Lübbe liest, sollte unbedingt Olivia Griese hinzuziehen: Auswärtige Kulturpolitik und Kalter Krieg. Die Konkurrenz von Bundesrepublik und DDR in Finnland 1949 -1973 München 2006 (= Forschungen zum Ostseeraum; 9), erschienen 2006 im Otto Harrassowitz Verlag. Die Autorin macht mit ihren objektiven Recherchen und Untersuchungen Lübbes Arbeit weitgehend zu Makulatur, weil sie weniger voreingenommen zur Sache geht.
Schon im Titel greift Olivia Griese einen heutigen Tabubegriff auf: Konkurrenzkampf zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, nein, so etwas hat es gar nicht gegeben. Und doch: In den sechziger und siebziger Jahren gab es auf Seiten der Bundesrepublik „viele Maßnahmen“, die „einen stark ‚reaktiven‘ Charakter“ trugen, „weil damit in verschiedenen Bereichen zeitweilige Vorteile der DDR wieder wettgemacht werden sollten. Das betraf sowohl die Gründung des DI in Helsinki als Gegengewicht zum KUZ der DDR, aktivere Kontakte in der Jugendarbeit, das Nachziehen der Städtepartnerschaften sowie das Einzellektorenprogramm, mit dem auch ein Gegengewicht zur DDR-Präsenz in der finnischen Provinz geschaffen werden sollte. Als Folge dieses Wettstreits war die bundesdeutsche Kulturpolitik im Vergleich zu anderen Ländern überproportional finanziert.“ (S. 269)

  1. Thomas Kuczynski permalink
    Juli 9, 2014

    Lieber Herr Löschmann (wenn ich so sagen darf):

    Im Zusammenhang mit Nachforschungen zu Peter Lübbe (1930-2003) war ich auf Ihren Beitrag im herderblog gestossen und hatte um Ihre Koordinate gebeten. Auf Lübbe war ich im Zusammenhang mit meinen Forschungen zu Fritz Behrens (1909-1980) aufmerksam geworden, dem wohl kluegsten und hellsichtigsten Wirtschaftswissenschaftler, ueber den die DDR jemals verfuegt hat.
    Behrens hat in einer fruehen Fassung einer Vorbemerkung zu einem Buch, das seine Kinder 1992 unter dem Titel „Abschied von der sozialen Utopie“ herausgegeben haben, vermerkt, das Buch werde Fortfuehrung und zugleich Ruecknahme dessen sein, was von ihm in dem 1976 von P.L. herausgegebenen Band „Der staatlich etablierte Sozialismus“ erschienen sei. Ich habe mir daraufhin den 1975 bei Hoffmann und Campe Hamburg erschienenen Band antiquarisch besorgt und festgestellt, dass da zwar P.L. als Verfasser drauf steht, aber – von der Vorbemerkung abgesehen – faktisch 100 % Behrens drin ist. Diesen Schluss erlaube ich mir zu ziehen, weil ich die spaeten Arbeiten von Behrens (ab 1965) sehr gut kenne und weil ich weiss, dass P.L. weder davor noch danach jemals wissenschaftlich zu Problemen der Politischen Oekonomie des Sozialismus gearbeitet hat – davor v. a. zu B. Traven, danach v. a. im Dienste des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Geschichte von Kommunismus und Sozialdemokratie. Sicher ist allerdings auch, dass P.L. und Behrens zu DDR-Zeiten einander kannten und Behrens P.L. jenes MS anvertraut hat, das dieser dann (mehr oder minder veraendert) unter seinem Namen veroeffentlicht hat.

    Insofern interessiert mich P.L. als Person nur im Zusammenhang mit Behrens. Und was ich von Ihnen erhoffe, ist eine Information darueber, ob P.L. direkt von Hinstorff zur Uni Jyväskylä gewechselt war oder mit einem Zwischenaufenthalt, sei an der Uni Rostock (wo er offenbar studiert und promoviert hatte) , sei an der Uni Leipzig resp. im Herder-Institut.

    Mit bestem Dank im Voraus fuer Ihre Information und besten Gruessen
    Thomas Kuczynski

    • Martin Löschmann permalink*
      Juli 9, 2014

      Lieber Herr Kuczynski,

      über Ihre Zuschrift und Anfrage habe ich mich gefreut, wirft sie doch ein bezeichnendes Licht auf Peter Lübbe, das in dem Auszug aus meinen ‘Memoiren’ hier und da bereits aufscheint.
      Leider bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich erinnere mich noch gut daran, dass Dr. Lübbe Wert darauf legte, Lektor beim Hinstorff gewesen zu sein. Um als Lektor in Finnland anerkannt zu werden, war offensichtlich eine Universität als Startposition erforderlich, eben die Rostocker Uni. Man kann wohl davon ausgehen, dass – auch welchen Gründen auch immer – Lübbe von der Universität eingestellt wurde mit dem Ziel, in Jyväskylä als Sprachlektor tätig zu werden. Mit Sicherheit kann ausgeschlossen werden, dass er über das Herder-Institut der Karl-Marx-Universität nach Finnland gelangt ist. Einzig und allein das Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen war zuständig für die Entsendung von Lektoren, Dozenten und Professoren.

      In meinen Notizen zum ‘Fall’Lübbe zeige ich mich zudem darüber verwundert, auf welchen Fachgebieten er nach Verlassen der DDR seine ‘BRD-Sporen’ verdient hat: “Kommunismus und Sozialdemokratie. Eine Streitschrift”, “Der staatlich etablierte Sozialismus. Zur Kritik des staatsmonopolistischen Sozialismus”. Peter wollte immer hoch hinaus. Es wundert mich nicht, dass er sich mit fremden Federn schmückte. Dass er mit Deutsch als Fremdsprache nichts am Hute hatte, müsste aus meinem Auszug hervorgehen.

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