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Was hat das Herder-Institut mit der Rückkehr der Schädel nach Namibia zu tun?

2011 12. Oktober
von Martin Löschmann

Foto: AFP     Foto: AFP Mitglieder der Delegation Namibias bei der Übergabe in der Berliner Charité

 

Über den Deutschlandfunk erfahre ich von der Delegation aus Namibia,  die die sterblichen Überreste, Schädel von Herero und Nama, von der Berliner Charité zurückerhält und sie nach Namibia überführen wird. Eine  recht eigenwillige Assoziationskette greift am Morgen des 30. September am Frühstücksplatz Raum, die auf das Herder-Institut zuläuft: Von der grausamen Niederschlagung der aufständischen Herero und Nama in den Jahren 1904 und 1908 wusste man, auch dass die Deutschen während des Kolonialkrieges Konzentrationslager errichtet hatten,  in denen Herero und Nama eingesperrt wurden und zum großen Teil umkamen. Ein anderer Teil wurde in die Wüste getrieben und  dort dem Tod durch Verdursten ausgesetzt. Wie hatte Generalleutnant von Trotha den Vernichtungskampf in Deutsch-Südwestafrika einst beschrieben:“Gewalt mit krassem Terrorismus und selbst mit Grausamkeit auszuüben, war und ist meine Politik. Ich vernichte die aufständischen Stämme in Strömen von Blut und  Strömen von Geld.“ Doch die Geschichte mit den namibischen Schädeln war für mich eine erschreckende, mein Wissen über Namibia erweiternde Information. Schädel, womöglich vom Rumpf geschlagen,  wurden von deutschen Wissenschaftlern nach Deutschland gebracht und dort zur Rassenforschung missbraucht. Gut 100 Jahre später kehren 20 präparierte Schädel in ihr Heimatland zurück, weil die  namibische Regierung die Rückführung seit Jahren energisch gefordert hatte und man der Forderung schließlich nachkommen musste. „Wir bekennen, dass die deutsche Wissenschaft damals Schuld auf sich geladen hat. Wir möchten um Entschuldigung bitten„, sagte der Leiter des Medizinhistorischen Museums der Charité, Thomas Schnalke und weiß, dass die Bundesregierung dies bisher noch nicht getan hat. Zu gerne möchte ich erfahren, ob in der namibischen Delegation (immerhin rund 60 Personen) vielleicht jemand dabei war, der einstmals am Herder-Institut Deutsch gelernt und dann irgendwo in der DDR studiert hat. Keine Frage, der Völkermord, begangen von deutschen Kolonialisten, wurde in unserem Landeskundeunterricht  thematisiert und verurteilt. Doch wie haben Studierende aus Namibia diese Abrechnung mit dem deutschen Kolonialismus aufgenommen? Wie haben sie sich in einem deutschen Land, in der DDR, aufgehoben  gefühlt? Haben sie die Solidarität so empfunden, wie wir sie übten? Womöglich haben sie sich darüber gewundert, dass sich die DDR so ganz und gar aus dieser  unrühmlichen Geschichte herausnahm, dass sie nicht auf den Gedanken kam, die  auf ihrem Gebiet gelagerten Raubgüter der Kolonialzeit, so auch diese Schädel zurückzugeben. Immerhin steht die Charite in Ostberlin. Auch kann ich mich im Moment an keine Gedenkstätte zur Erinnerung an den Völkermord in Namibia erinnern. Dieser Gedanke drängt sich auf, als in dem Bericht im Deutschlandfunk mitgeteilt wird, dass zum offiziellen Programm der Delegation ein Besuch des Holocaust-Denkmals gehört und sich ein Mitglied der Delegation fragt, warum man ihnen die durchaus würdige Gedenkstätte für die Millionen jüdischen Opfer zeigt, die Menschen aus Namibia kaum Trost zu geben vermag.

Indem ich meine Gedanken zur Rückführung der Schädel überlese, wird mir klar, wie kannst du erwarten, dass sich nach mehr als 20, 30, 40 Jahren ehemalige Studierende  an das eine Jahr am Herder-Institut erinnern  können oder wollen. Und dabei stände es dem herderblog doch gut zu Gesicht, wenn sich auch der eine oder andere ehemalige Studierende zu Wort meldete.  Er oder sie müsste sich ja nicht unbedingt am Institut in Leipzig vorbereitet haben, sondern könnte auch Absolvent anderer Vorbereitungsinstitutionen sein wie der Ingenieurhochschulen Köthen, Nordhausen,  Mittweida, Zwickau oder solcher Sonderkursen, wie sie an der Medizinischen Fachschule ‚Dorothea Erxleben‘ am Kreiskrankenhaus in Quedlinburg durchgeführt wurden. Eigentlich schade, dass sich bis jetzt niemand gemeldet hat. Das gerade ist mir besonders an diesem Morgen bewusst geworden.

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