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Ein Mirakel nach fast 30 Jahren

2017 3. Juni
von Astrid Zeven

Erinnern Sie sich, worauf sich dieser Bericht bezieht?
Ja richtig, auf die in diesem Blog angekündigte Lesung von der Autorin Zeven
 

Es war schon ein eigenartiges Gefühl: Vertraut und zugleich fremd. Vertraut, da  junge, ausländische Studenten mit erwartungsvollen Augen mein Publikum waren.

Fremd, weil  sich fast 30 Jahre, die seit meiner Tätigkeit am alten Herder-Institut vergangen sind, nicht einfach ignorieren lassen.

Ich kam nicht mit leeren Händen – unter dem Arm mein Erstling „Die Mitläuferin – Ein Leben in zwei Deutschländern“.

Organisiert hatte die Lesung in der Lumumbastr 4 am 18.05.2017 ein Geschichtslehrer des heutigen Studienkollegs Sachsen der Universität Leipzig.

Anwesend waren ca. 60 ausländische Studenten und rund  20 deutsche Gäste.

Die Lesung dauerte 40 Minuten und  war, wie mir bestätigt wurde,  lebendig, gut strukturiert  und für ausländische Studenten verständlich vorgetragen.

Interessante Fragen gab es eine Menge in den sich anschließenden 50 Minuten, z.B. über die Spezifik einer Meinungsfreiheit in der DDR,  reale Lebensumstände , aber auch über Ost-West Verhältnisse (so z.B. Vorbehalte zwischen Ost und West). Auch über  die Besonderheiten eines Lehrauftrags am Goethe-Institut wurden Fragen gestellt sowie über  das  Schulsystem in der DDR (z.B. Abitur mit Berufsausbildung). Herausgehoben war die Veranstaltung durch das hohe Maß an Sachlichkeit und Neugier.

So war es interessant, dass weder die „Stasikeule“ geschwungen  noch der „Unrechtsstaat DDR“ beschworen wurde. Das interessiert offenbar  wohl  nur die Deutschen,  im besonderen Maße – jene, welche als Indikatoren des Zeitgeistes gelten.

Die dezidierte Frage eines Mitarbeiters des Studienkollegs nach dem Titel „Mitläuferin“,  als auch der von Martin Löschmann in seinem letzten Kommentar zitierte Fischborn („Ich komme nicht vor….“) war Anlass, mich noch einmal mit dem Begriff „Mitläufer“ zu beschäftigen. Dabei fiel mir „Die Schuld der Mitläufer“ von Roman Grafe in die Hände, wo genau den von Fischborn zitierten Menschen suggeriert wird, sie hätten sich alle  schuldig gemacht, dass die DDR 40 Jahre existieren konnte. Als hätte es nie die Frage „Wie weiter mit Deutschland?“ nach dem Faschismus gegeben.                      

Dem lässt sich ein Satz von Martin Buber entgegensetzen, der 1953 gesagt hat: „Mein der Schwäche des Menschen kundiges Herz  weigert sich, meinen Nächsten zu verdammen, weil er es nicht über sich vermocht hat, Märtyrer  zu werden“.

Wenn man von gewissen technischen  Schwierigkeiten absieht, sicher  eine gelungene Veranstaltung, für die man den Initiatoren nur danken kann.

 

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