Kooperationsbeziehungen Herder-Institut und DHfK
„Die Erinnerung ist unsere zweite Gegenwart.“
Dieser sinnstiftende Ausspruch des Vertreters der deutschen Romantik Novalis beschäftigte mich mehrfach gedanklich, als ich davon hörte, dass mein Freund und Mitstudent aus unvergesslichen „Hans-Mayer-Zeiten“, Martin Löschmann, seine Memoiren niederschreibt, in deren Mittelpunkt seine langjährige Tätigkeit am Herder-Institut steht. Auch den Zeitpunkt für ein derartiges biografisches und zeitgeschichtliches Vorhaben halte ich für angemessen, da im Jahr 2011 der 50. Jahrestag der Namensgebung des Herder-Instituts begangen wird.
Es ist auch eine Duplizität von Ereignissen, da ich 2008 mein Buch „Sendboten Olympias – Die Geschichte des Ausländerstudiums an der DHfK Leipzig“ im Leipziger Universitätsverlag herausgegeben habe.
Nun hat mich auch das Herder-Institut in seiner multifunktionalen Ausstrahlung Jahrzehnte begleitet. Beginnend mit meinem Studium der Germanistik und Geschichte 1955 hatte ich vielfältige Berührungspunkte zur Vorgängereinrichtung des Herder-Instituts, da ich einen koreanischen Mitstudenten betreute und mit ihm gemeinsam in einem Zimmer im Internat „Heim der Freundschaft“ in der jetzigen Lumumbastraße zeitweilig wohnte.
Während meiner ersten Lehrtätigkeit an der ABF der DHfK 1960 hatte ich bereits im Fach „Deutsch für Ausländer“ im Rahmen eines Vorbereitungslehrganges für afrikanische Trainerstudenten unterrichtet. 1963 beendete die ABF der DHfK wie viele andere derartige Vorstudieneinrichtungen in der DDR ihre Ausbildung. Ich erhielt vom damaligen Rektor der DHfK, Prof. Dr. Günter Erbach, den Auftrag, bei der umfassenden Profilierung des Ausländerstudiums an der DHfK mitzuwirken. Auf diesem Gebiet der Gestaltung der nationalen Körperkultur in den Entwicklungsländern und unseres Angebots für die Aus- und Weiterbildung unterschiedlicher Sportfachexperten aus diesem Länderbereich lagen in den Folgejahren meine wissenschaftlichen Schwerpunkte. Damit beschäftigte ich mich auch in meiner Dissertation und Habilitation.
Die ausländischen Studierenden der ersten Ausbildungszyklen an unserer Hochschule, dies betraf die Studienrichtungen Diplomsportlehrer für den Schulsport, postgraduale Studienformen als auch die Teilnehmer in der wissenschaftlichen Aspirantur, absolvierten die Deutschintensivausbildung noch am Herder-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig. Bereits in diesen Jahren gab es zwischen unseren beiden Einrichtungen enge Kooperationsbeziehungen, vor allem hinsichtlich der inhaltlichen und konzeptionellen Realisierung des studienbegleitenden Deutschunterrichts während der sportwissenschaftlichen Fachausbildung.
Die Gestaltung der Nachkontakte zu den ausländischen Absolventen der DHfK war neben der Aus- und Weiterbildung eine wesentliche Säule unserer Tätigkeit. Ich erinnere mich, dass die älteren Studienjahrgänge in ihrer Briefkorrespondenz mit uns oder bei unseren Aufenthalten in deren Heimatländern mit Respekt und Dankbarkeit gegenüber „ihrer“ DHfK auch viel über ihren Studienaufenthalt am Herder-Institut sprachen. Sie empfanden vor allem auch die intensive Sprachausbildung als Hilfe für Selbsthilfe für eine erfolgreiche Fachausbildung.
Nicht wenige dieser Absolventen übten nach ihrem Studium in der DDR hohe staatliche Funktionen (Ministerium für Jugend und Sport) und in internationalen Sportgremien aus.
Nach der 3. Hochschulreform der DDR 1969 und der Umprofilierung der DHfK zu einer vorrangigen wissenschaftlichen Leistungssporteinrichtung wurde die Ausbildung der ausländischen Schulsportlehrer an andere pädagogische Hochschuleinrichtungen der DDR verlagert, da die DHfK in erster Linie Diplomtrainer für den Leistungssport ausbildete. Dies bedeutete auch eine Modifizierung der speziellen Ausbildungsformen für das Ausländerstudium an der DHfK. Der Schwerpunkt lag nunmehr neben dem jährlichen Internationalen Trainerkurs auf der Ausbildung in einem zweijährigen Hochschulzusatzstudium für Bachelor-Absolventen der nationalen Sportinstitute aus den Entwicklungsländern sowie auf der dreijährigen wissenschaftlichen Aspirantur zur Erlangung des Doktorgrades.
Das Hochschulzusatzstudium war übrigens in internationalen Äquivalenzabkommen kompatibel mit dem Mastergrad.
All diese Veränderungen hatten zur Folge, dass 1972 an der DHfK ein selbständiges Institut für Ausländerstudium konstituiert wurde, das sich ausschließlich diesen Aufgaben in der Aus- und Weiterbildung ausländischer Sportfachexperten widmete.
Es erfüllt mich bis heute mit Stolz und Dankbarkeit, dass ich dieses Institut seit der Gründung bis zu den politischen Veränderungen in der DDR 1990 als Direktor leitete und bei der Gestaltung dieser anspruchsvollen hochschulpädagogischen und sportwissenschaftlichen Zielstellungen in den internationalen Sportbeziehungen der DDR aktiv mitwirken konnte.
Die erfolgreiche langjährige Zusammenarbeit der DHfK mit dem Herder-Institut war Grundlage für neue strukturelle Lösungen für die Deutschintensivausbildung an der DHfK. Nach Zustimmung des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen und des Staatssekretariats für Körperkultur und Sport der DDR erhielt die DHfK die Möglichkeit, die Deutschintensivausbildung in inhaltlicher Koordination mit dem Herder-Institut eigenständig durchzuführen. Dafür wurde in unserem Institut eine kleine Fachgruppe „Deutsch als Fremdsprache“ konstituiert.
Diese Neuerung hatte für die ausländischen Studienbewerber große Vorteile. Die Studenten waren bereits während der Sprachausbildung in das wissenschaftliche und sportlich-kulturelle Leben an der DHfK integriert. Des Weiteren konnten wir bei der inhaltlichen Gestaltung stärker als bisher die Anwendung der sportwissenschaftlichen Lexik beachten. Dies betraf vor allem auch die von den Mitarbeitern unseres Instituts erarbeiteten Übungstexte, denn an den bisherigen Sprachseminaren am Herder-Institut waren Studienbewerber für alle Wissenschaftsdisziplinen der Universitäten und Hochschulen der DDR vertreten. Schließlich hatten während der Zeit unserer Sprachintensivausbildung die Studierenden schon die Möglichkeit, erste Kontakte zu ihren künftigen Wissenschaftsbereichen aufzunehmen, und sei es nur in Form von Hospitationen in sportpraktischen und sporttheoretischen Lehrveranstaltungen in ihrer unterrichtsfreien Zeit gewesen. Grundlage für die Deutschintensivausbildung waren selbstverständlich die Ausbildungsdokumente und Lehrmaterialien des Herder-Instituts. Die am Institut für Ausländerstudium fest angestellten Deutschlehrkräfte Fritz Standke, Erika Hector und Barbara Herrmann verfügten über vielfältige pädagogisch-didaktische Erfahrungen in der Deutschausbildung ausländischer Studierender und pflegten auch ständig intensive Kontakte zu ihren Fachkollegen am Herder-Institut. Dies betraf auch, wenn es erforderlich war, Konsultationen auf der Direktorenebene.
So erinnere ich mich an interessante Begegnungen, beginnend bereits in den sechziger Jahren mit der ersten Direktorin des Herder-Instituts, Prof. Käthe Harig. Sie war eine weltweit anerkannte Erziehungswissenschaftlerin und großartige Pädagogin und Internationalistin. Sie gehörte zu den Pädagogen, bei denen mir immer das Credo einfällt: Ein Lehrer muss Spuren hinterlassen, sonst hat er seinen Beruf verfehlt.
Diese Kontakte auf der Leitungsebene wurden auch in den Folgejahren intensiv gepflegt, wie z. B. mit dem letzten Direktor des Herder-Instituts, Prof. Dr. Erhard Hexelschneider.
Bei diesen Begegnungen bestand auch immer wieder Übereinstimmung darin, dass wir bei der Aus- und Weiterbildung ausländischer Studierender im Sinne der Einheit von Ausbildung und Erziehung über das Fachstudium hinaus einen Beitrag dazu leisten wollten, dass unsere Welt durch unsere hochschulpädagogische Arbeit im Ausländerstudium etwas gerechter, humaner und sozialer wird, und zwar für alle Menschen ohne Rassenunterschiede und Klassenzugehörigkeit, eine „Harmonia mundi“ – eine Harmonie der Welt. Wir wollten durch unsere tägliche Arbeit neben der fachwissenschaftlichen Vermittlung solidarisches Bewusstsein bei den ausländischen Studierenden befördern.
Nach erfolgreichen Abschlussprüfungen in der Deutschintensivausbildung erhielten die Studierenden ein von der DHfK und dem Herder-Institut bestätigtes Zeugnis.
Mit der Aufnahme der sportwissenschaftlichen Fachausbildung nutzten wir zielorientiert die Möglichkeit mit unseren am Institut tätigen Deutschlehrern den studienbegleitenden Deutschunterricht intensiv zu gestalten. Auch hierbei profitierten wir von dem großen wissenschaftlichen Erfahrungs- und Erkenntnispotential des Herder-Instituts.
So hatten die Absolventen des zweijährigen Hochschulzusatzstudiums im Gesamtcurricilum ihrer Fachausbildung von 1780 Stunden 200 Stunden studienbegleitenden Deutschunterricht zu absolvieren. Dazu kamen 30 Stunden Einführung in wissenschaftliche Arbeitsmethoden, die weitgehend die sprachlichen Fertigkeiten der Studierenden unterstützten. Im Studiennachweis der Abschlusszeugnisse wurden diese 200 Stunden Deutschunterricht mit einem Testat vermerkt.
Die genannten Fachlehrer für den Unterricht in der deutschen Sprache waren auch während der gesamten sportwissenschaftlichen Fachausbildung Ansprechpartner und Berater bei der sprachlichen Anfertigung der Diplomarbeiten und Dissertationen im Rahmen der gesetzlichen Studien- und Promotionsordnung.
In der Rückbetrachtung möchte ich deutlich machen, dass das Herder-Institut bei der anspruchsvollen Gestaltung unserer sportwissenschaftlichen Ausbildungsformen einen unverzichtbaren Beitrag im Sinne einer Leitfunktion geleistet hat.
Das Herder-Institut hatte eine große völkerverbindende Tradition und gehörte als unverwechselbarer Bestandteil zur Geschichte des Ausländerstudiums in der DDR und auch an der DHfK.
Durch meine Forschungsarbeit Körperkultur in den Entwicklungsländern betreffend war ich Mitglied in Expertengruppen der UNESCO. Bei diesen Plenarberatungen in Paris wurde ich des Öfteren auch über das Herder-Institut befragt. Dabei hörte ich vielfältig Lob und Anerkennung zur Tätigkeit des Herder-Instituts.
Mit den politischen Veränderungen in der DDR erfuhren das Herder-Institut und die Mehrzahl seiner Mitarbeiter ein ähnliches Schicksal wie die DHfK, die 1990 abgewickelt wurde. Über die Neustrukturierung des Herder-Instituts und die unterschiedlichen Bereiche „Deutsch als Fremdsprache“ und deren Effizienz kann ich mich aus der Distanz eines Hochschullehrers an der DHfK nicht äußern.
Die Deutschen haben im Laufe ihrer Geschichte immer wieder bei gesellschaftlichen Umbrüchen die Angewohnheit gehabt, materielle und geistige Denkmäler entweder einzureißen oder umzubenennen. Dies traf in modifizierter Form leider auch für die DDR zu. Bertolt Brecht sprach in solchem Zusammenhang von Benennern, Umbenennern und auch Rückbenennern.
Sowohl das Herder-Institut als auch die DHfK mit ihren ursprünglichen Ausbildungs- und Wissenschaftsprofilen und ihren unverwechselbaren Traditionen und internationaler Ausstrahlung für die Stadt Leipzig gibt es seit 1990 nicht mehr.
Wir mussten in den Jahren nach der politischen Wende in der DDR darauf achten, dass wir uns in unserer Selbstwahrnehmung nicht verloren gehen, weil so viele unserer Blütenträume am Ende nicht gereift waren.
Manchmal unterlagen wir sicher auch der Versuchung, Gewünschtes und Erhofftes als Erreichtes anzusehen. Da mussten wir uns schon den Wahrheiten unseres Lebens stellen. Hierbei gab es oftmals wenig Beliebigkeiten. Zeitgeschichte und Zeitgeist in der DDR haben unsere Denk- und Verhaltensmuster weitgehend geprägt, gemäß der philosophischen Prämisse von Kausalität und Zeit. Manche unserer Erfahrungen waren dabei in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Die eine oder andere Befürchtung nach der politischen Wende hat sich mit der Zeit weggelebt, andere dagegen konnten wir mangels eigener Erfahrungen gar nicht in ihren Auswirkungen ermessen. Wir mussten lernen, im Spannungsbogen zwischen Gelingen und Scheitern mit den Ergebnissen unserer Erfolge und auch Niederlagen gleichermaßen umzugehen.
Auch das Diktum des deutschen Philosophen Theodor W. Adorno, wonach es kein richtiges Leben im falschen gibt, wirkt dabei nur verwirrend und setzt weitere Fragezeichen.
Bei vielen Mitarbeitern der DHfK und nach meinem Ermessen auch des Herder-Instituts sind dabei biografische Narben zurückgeblieben.
Ich möchte jedoch für mich konstatieren: Es war unser gelebtes Leben, zu dem ich mich auch heute noch bekenne. Ich lebte in einer harmonischen Familie, ich hatte eine anspruchsvolle hochschulpädagogische und wissenschaftliche Arbeit und das Gefühl des Gebrauchtwerdens.
Es tut gut, dieses Verlustempfinden in den biografischen Brüchen nicht immer wieder in Frage zu stellen.
Auch deshalb denke ich, ist die zeitgeschichtliche Rückbetrachtung von Martin Löschmann zur Geschichte des Herder-Instituts als einem integralen Bestandteil der Gesamtgeschichte der Leipziger Universität ein persönlicher Beleg des Autors für eine aufgehobene Zeit im Sinne des eingangs formulierten Sinnspruchs von Novalis und einer unverzichtbaren Erinnerungsbewahrung.
Wir dürfen dabei die Deutungshoheit und die Beschreibungskompetenz nicht allein denen überlassen, die es selbst nicht erlebt haben und müssen unsere Zeitzeugenschaft verantwortungsvoll wahrnehmen, damit sowohl die DHfK als auch das Herder-Institut nicht zu „Fußnoten“ der Wissenschaftsgeschichte der Stadt Leipzig werden.
Die erlebnisreiche Zusammenarbeit mit ausländischen Studierenden aus unterschiedlichen Kulturkreisen und heterogenen Länderbereichen hat in unserem Leben vielfältige Spuren hinterlassen. Es war für uns alle eine Zeit, die uns geformt hat und die sich einprägt in ihrer friedensstiftenden und völkerverbindenden Sinngebung.
Ich möchte mit meinem Beitrag meinen Studienfreund Martin Löschmann ermutigen, die Geschichte des Herder-Instituts als Buchprojekt weiterzuführen, um dadurch unseren Kindern und Enkeln und den nachkommenden Generationen unserer ausländischen Absolventen einen Eindruck zu vermitteln, welche Solidaritätsleistungen die Hochschulpolitik der DDR, beginnend bereits in den fünfziger Jahren, gegenüber vielen Entwicklungsländern auch unter eigenen Entbehrungen und Opfern geleistet hat.
Vielleicht befördern wir damit auch deren Verständnis für die Geschichte „ihrer Väter“.
Bertolt Brecht hat es in seinem wunderbaren Gedicht „An die Nachgeborenen“ so tiefsinnig formuliert:
„…Ihr aber, wenn es so weit sein wird,
dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist,
gedenkt unserer mit Nachsicht.“
Beim Lesen des Beitrags von Dr. Kalb war ich in zweifacher Hinsicht berührt
und erinnert an eine längst vergangene Zeit: Einmal als Absol-
vent der DHfK und zum anderen als Sportlehrer des ebenfalls abgewickel-
ten Herder-Instituts. Die Duplizität der „nachwendlichen“ Umstrukturie-
rungen im Lehr- und Wissenschaftsbereich ehemaliger DDR-Bildungsein-
richtungen lässt sich nicht übersehen.
Beide Einrichtungen haben meine Biografie, wenn auch in unterschied-
licher Art, entscheidend mit geprägt und waren so ein wichtiger Teil
meines gelebten Lebens, zu dem auch ich mich bekenne.
Als ich 1963 mein Studium an der DHfK begann, studierten mit mir in
der gleichen Matrikel drei ausländische Studierende aus Kuba und einer
aus einem afrikanischen Land. Für mich, aus einem kleinen Ort ländlicher
Prägung kommend, war das etwas derart Besonderes, dass ich die Namen
dieser ausländischen Kommilitonen noch heute aus dem Gedächtnis abrufen
kann. Erst Jahre später erfuhr ich, dass auch sie ihre sprachliche Aus-
bildung am Herder-Institut erhalten hatten. Zu dieser Zeit hätte ich
nicht im Traum daran gedacht, nur ein paar Jahre später selbst am
Herder-Institut mit ausländischen Studierenden junger Nationalstaaten
beschäftigt zu sein. Nicht nur das, sondern auch mit Studierenden, die
nach ihrer sprachlichen Vorbereitung ein Studium an der DHfK absol-
vieren sollten und so einen ähnlichen beruflichen Werdegang vor sich
haben sollten wie ich selbst.
Ich erinnere mich auch daran, wie wir als Sportlehrer des Herder-Insti-
tuts mit Kollegen der DHfK, die für diese Studierenden Verantwortung
tragen sollten, darüber berieten, wie es noch besser gelingen kann,
ihnen neben der sprachlichen Vorbereitung auch im sportpraktischen Be-
reich einen kleinen Vorlauf mitzugeben und ihnen so auch einen Ein-
druck zu verschaffen, was sie im künftigen Studium u.a. erwarten wür-
de.
Es kann deshalb nicht verwundern, dass wir zu ihnen eine besonders enge
Beziehung hatten und das auch über ihren Aufenthalt am Herder-Institut hinaus.
Meine persönlichen Erinnerungen sind hier mit einer Reihe von syrischen
Studenten verbunden, die wir auf ein Direktstudium an der DHfK vorzu-
bereiten bemüht waren. Dass ich mich gerade an sie erinnere, hängt ge-
wiss mit den militärischen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und
Opposition zusammen, die gerade aktuell sind. Angesichts der vielen
Toten, die dabei zu beklagen sind, mache ich mir auch nach so vielen
Jahren noch Sorge um das Wohlergehen meiner ehemaligen Studenten und
verfolge natürlich das Geschehen in diesem Land besonders aufmerksam.
Wenn Dr. Kalb in seinem Blog-Beitrag formuliert:“ Wir dürfen… die
Deutungshoheit und die Beschreibungskompetenz nicht allein denen
überlassen, die es selbst nicht erlebt haben und müssen unsere Zeit-
zeugenschaft wahrnehmen…“, so kann ich diese Sichtweise nur unter-
stützen, um den „Nachgeborenen“ unsere Auffassung über unser beruf-
liches und gesellschaftliches Leben und Wirken zu vermitteln.
Schließlich möchte ich darauf verweisen, dass mich Dr. Kalbs Beitrag
angeregt hat, sein Buch Sendboten Olympias: Die Geschichte des Auslän-
derstudiums an der DHfK Leipzig zu lesen.
Ich kann es nur jedem empfehlen, der sich für das Ausländerstudium
in der DDR interessiert.
Die authentische, sachliche und umfangreiche Darstellung dieser m.E.
großartigen Leistung einer Bildungseinrichtung der ehemaligen DDR hat
mich wirklich überzeugt.
Ehrlich gesagt konnte ich mit dem „Diktum des deutschen Philosophen Theodor W. Adorno, „wonach es kein richtiges Leben im falschen gibt“ und das auf dich „nur verwirrend“ wirkt „und weitere Fragezeichen“ setzt, wenig anfangen, weil ich zwar davon gehört , aber es nicht im Original gelesen hatte.
Christa Wolf dagegen hat das Diktum im authentischen Kontext aufgespürt und lässt uns ihre frappierende Erkenntnis in „Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud“ wissen, „daß dieser Satz aus den MINIMA MORALIA, der von allen Medien als Waffe gegen die Intellektuellen in der DDR benutzt wurde, am Ende des 18. Kapitels unter der Überschrift ‚Asyl für Obdachlose‘ steht und die Unmöglichkeit angemessenen Wohnens unter den gegebenen ‚falschen‘, nämlich kapitalistischen Verhältnissen erörtert: Eigentlich kann man überhaupt gar nicht mehr wohnen. Aber – was auch immer sie ursprünglich bedeutete – man konnte sich eine so griffige Formulierung wohl nicht entgehen lassen.“ (S. 70f.)