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Zum Studienvorbereitenden Fachsprachunterricht Biologie

2011 3. März
von Renate Riedel

Für ausländische Bewerber, die sich auf ein Studium an einer Universität, Hochschule oder Ingenieurschule der DDR vorbereiten wollten, wurde besonders ab Anfang der 1970er Jahre am Herder-Institut der Universität Leipzig ein komplexer Sprachlehrgang entwickelt. Für das Studium brauchten alle Studierenden allgemeinsprachliches und fachsprachliches Wissen und Können.
In Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung des Herder-Instituts wurde ein komplexer Sprachlehrgang mit entsprechenden Lehr- und Lernmaterialien auch für künftige Studenten medizinisch- biologischer Fachrichtungen konzipiertund etwa ab1980 in den entsprechenden Fächern eingesetzt.
Er bestand aus den Teilen für Allgemeinsprache, Biologie, Chemie, Physik, Mathematik und Landeskunde (Deutsch komplex zur Studienvorbereitung für Ausländer., VEB Verlag Enzyklopädie Leipzig).
Voraussetzung für ein erfolgreiches Lernen mit den Teilen war, dass entweder das Lehrbuch Deutsch intensiv. Grundkurs für Ausländer (gleicher Verlag) oder ein gleichwertiges Sprachlehrbuch für Anfänger durchgearbeitet worden war. Eine Voraussetzung für dieErarbeitung und die Umsetzung eines fachsprachlichen Materials im Unterricht war, dass alle Fachlehrer zuvor das Zusatzstudium Deutsch für Ausländer absolviert hatten. (siehe Beitrag von Dr. Ingeburg Jank)

Der SVFSU Biologie hatte die Aufgabe, im Zusammenhang mit der Vermittlung und Auffrischung biologischen Wissens und der Entwicklung sprachkommunikativen Könnens in die Fachsprache der Medizin und Biologie einzuführen und ein angemessenes rezeptives und produktives Sprachvermögen zur Aufnahme eines entsprechenden Studiums zu entwickeln. Eine weitere Voraussetzung für die Erarbeitung eines entsprechenden Materials war, dass in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften des 1. und 2. Studienjahres der entsprechenden Studienrichtung der Universität bestimmte fachliche Kenntnisse, ein fachsprachlicher Grundwortschatz und ein bestimmtes fachsprachlich-kommunikatives Können als Zielstellung formuliert wurden.
So waren beispielsweise die mit den SVFSU-Lehrern zusammenarbeitenden Lehrkräfte der Universität Leipzig der festen Überzeugung, dass am Herder-Institut nicht auf die lateinisch-griechische Terminologie der Medizin-Biologie eingegangen werden sollte, sondern nur auf die deutschen Nomen.

Einen fachsprachlichen Grundwortschatz erarbeiteten die mit der Konzeption und Erarbeitung betrauten Fachsprachlehrer Biologie einerseits durch Analysen des Grundwortschatzes von Pflicht-Literatur des 1. Studienjahres medizinisch- biologischer Fachrichtungen, andererseits durch Hospitationen in den entsprechenden Vorlesungen, Seminaren und Praktika. In mühsamer Kleinarbeit mussten wir damals den gefundenen Wortschatz noch auf Karteikarten notieren und sortieren, nachdem wir den vor Beginn des Fachsprachunterrichts im Deutschunterricht erarbeiteten Wortschatz entsprechend notiert hatten. Woche für Woche wurde auf diesem Wortschatz aufgebaut und in die Kartei eingetragen. Erst während unserer Arbeit erschienen solche Veröffentlichungen wie das Lexikon Medizinischer Wortschatz und Grenzgebiete 1974, H. Lippert: Das wissenschaftliche Manuskript, München 1977, I. Wiese: Fachsprache der Medizin, Leipzig 1984.

Die im Deutschunterricht eingeführte und geübte Grammatik und Wortbildung wurde im FSU Biologie an fachlichen Texten wiederholt und in neuem Zusammenhang gefestigt. Die Fachsprachlehrer Biologie, zugleich Autoren des Lehrbuchs, beschäftigten sich neben ihrem Unterricht auch mit der Funktion und Gestaltung von Texten des zu schreibenden Lehrbuchs.  Der Sachstoff wurde nach fachsystematischen Aspekten so angeordnet, dass Studenten mit angemessener Vorbildung in Biologie ihr Fachwissen reaktivieren konnten, dass aber Studenten mit geringeren Vorkenntnissen sich eine solidere Basis für das Studium erarbeiten konnten. Es war in der Kürze der Zeit von Januar bis zu den Fachsprachprüfungen im Juli aber unmöglich, auf alle biologisch-relevanten Gebiete des 1. Studienjahres der entsprechenden Fachrichtungen gründlich vorzubereiten. Trotzdem hatten die Textinhalte eine notwendige Progression. Sie begannen mit kurzen Texten über Zellen- und Gewebelehre und näherten sich in Länge und Komplexität bei den Texten in Genetik und Embryologie den im 1. Studienjahr zu bewältigenden Anforderungen.
Dabei wurden u. a. typische Sprachhandlungen, die im Deutschunterricht bewusst gemacht und geübt worden waren, im FSU Biologie durch Anwendung und Übung der Strukturen weiter entwickelt und gefestigt.

Beispiele:
– Beschreiben von Form und Bau von Zellen, Geweben, Organen, von biologischen Vorgängen,
– Unterscheiden, Vergleichen, Definieren, Erläutern, Erklären, Begründen, Schlussfolgern,
– Interpretieren von Diagrammen.

Die Lektionen umfassten:
– einen Text, der je nach Zielstellung bearbeitet war
– beigestellt Abbildungen (auch mikroskopische Zeichnungen), Begriffsübersichten, nachgestellt z. T. Fragen zum Text
– Übungen und Aufgaben, die nach sachstoff-, sprachstoff- und handlungsorientierten Aspekten geordnet waren
– am Ende größerer Kapitel: zusammenfassende Übungen zu Sach- und Sprachstoff

Das fachsprachliche Gesamtmaterial des SVFSU Biologie umfasste

– das in Lektionen geordnete Lehrbuch,
– das dazu gehörende nach Lektionen und alphabetisch geordnete Vokabelverzeichnis
-ein Heft Arbeitsblätter zum Lehrbuch mit Lückentexten zur Übung von Wortschatz, Wortbildung, Grammatik,
Texten für das Studierende Lesen (SL) u. a.
– Glossare,  z. B. Englisch, Französisch, Spanisch mit Worterläuterungen oder -differenzierungen
– Studienmaterial für ausländische Ingenieurgruppen
– ein umfangreiches Material für ausländische Diplomzusatzstudenten und Aspiranten
– eine Sammlung von Übungen im Verstehen Hören (VH), begonnen mit sprachlich einfachen Texten zum
Sachstoff von wenigen Minuten bis zu Vorlesungen von etwa 90 Minuten mit Aufgaben und Kontrollen zum
Gebrauch für den Fachsprachlehrer

Die Anzahl der ausländischen Studenten in den Gruppen wurde von Anfang bis Ende so klein wie möglich gehalten (12 bis 15 Studenten), So konnten möglichst alle Studenten im Unterricht das Sprechen mit der neuen Lexik entsprechend der Aufgaben üben.
Das von uns erarbeitete Material, das für die am Herder-Institut und seinen Außenstellen studierenden ausländischen Studenten erarbeitet worden war, wurde – wie wir bei Hospitationen am Herder-Institut nach 1991 erfahren haben – auch von Studienkollegs in anderen deutschsprachigen Ländern verwendet. So sagte Herr Prof. E. Wien, dass auch er „Raubkopien“ aus unserem Material in seinem Unterricht ständig benutzt, da das Material sehr geeignet sei.

Noch einige Bemerkungen zur Zusammenarbeit der Kollegen am Herder-Institut und was daraus geworden ist. Die Struktur der Abteilung E und A nach Fachgruppen zum einen und Bereichen zum anderen erwies sich in dieser Hinsicht als förderlich. So bildeten die Deutschlehrer eine Fachgruppe, die Fachsprachlehrer der verschiedenen Fächer andere Fachgruppen. Sie tauschten sich über fachmethodische Fragestellungen aus. Zum anderen waren in den Bereichen die Lehrer, die in Medizinergruppen, Technikergruppen oder in Gesellschaftswissenschaftlich-künstlerisch Studentengruppen arbeiteten, zusammengefasst und besprachen die spezifischen Probleme der jeweiligen Studentengruppen.

Es war für uns schwer, nach 1990 aus den funktionierenden Kollektiven auszuscheiden. So bildeten wir aus der Fachgruppe Biologie eine Wandergruppe, die bis heute 135mal ihre Wanderungen im Leipziger Raum durchgeführt hat. Wir waren im Bayrischen Wald, an der Mosel und Eifel, im Riesen- und Isergebirge. Gemeinsam besuchen wir Museen, gehen zum Schwimmen und Bowlen. Wir Kollegen des ehemaligen Herder-Instituts freuen uns, wenn wir uns in der Pause der Anrechtskonzerte im Gewandhaus (Akademisches Orchester) treffen oder wenn wir uns bei den Veranstaltungen im Robert-Schumann-Haus, Leipzig bei Dr. Landmann (Forschungsabteilung des alten Herder-Instituts) begegnen. Sicher gibt es noch andere Aktivitäten.

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