Ein Lumumba-Denkmal ist wieder da
Seit Lumumba tot ist, hört er auf, eine Person zu sein. Er wird zu ganz Afrika.
(Jean-Paul Sartre)
In meinem Beitrag Was bleibt vom Herder-Institut/Abteilung Erziehung und Ausbildung ist das Lumumba-Denkmal als ein Bestandteil des Herder-Instituts, als Sinnbild für die Unterstützung des Befreiungskampfes Afrikas bezeichnet, das 1997 von Unbekannten zerstört wurde, aber die Aussicht besteht, dass ein neues Denkmal aufgestellt wird. 50 Jahre nach Lumumbas Ermordung ist es dann so weit: Ein neues Denkmal wird enthüllt. Dieses Mal bin ich nicht direkt dabei, sondern informiere mich über die Medien.
„Lumumba bleibt für uns dieser junge Afrikaner, Autodidakt beim Erlernen politischer Führung und entschiedener Verfechter afrikanischer Freiheit und Würde“, sagt die kongolesische Botschafterin Kamanga Clementine Shakembo. „Die Wiedererrichtung des Denkmals ist eine sehr anerkennenswerte Initiative und zeugt vom außergewöhnlichen Format des Helden Lumumba.“ (zitiert nach Tina Kühne, LVZ-Online, 18.01.2011, 11:01 Uhr) Man kann sich ihr nur anschließen und den Initiatoren dafür danken, dass sie keine Mühe gescheut haben, die Würdigung Lumumbas vor dem ehemaligen Herder-Institut wieder sichtbar zu machen.
Man mag es bedauern, dass das ursprüngliche Denkmal nicht wieder hergestellt werden konnte und die neue Büste (Kopie einer Arbeit der Berliner Künstlerin Jenny Mucchi-Wiegmann) zu sehr auf den hohen Sockel gestellt und entrückt zu sein scheint, entscheidend ist und bleibt: Dank der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft und des Einsatzes ihres Mitglieds, des pensionierten Dozenten Hans-Joachim Wienhold, ist es trotz aller Widerstände im Verein mit der Universität, der Stadt und besonders der Rosa-Luxemburg-Stiftung gelungen, ein neues Denkmal zu errichten, das wohl in Deutschland das einzige ist.
Foto: Rolf Schnedelbach, Mitarbeiter des alten Herder-Instituts,Teilnehmer an der Einweihung, brieflich übermittelt am 19. März 2011
Jenny Mucchi-Wiegmann (1895 – 1969):
Als Lumumba unter Duldung der UNO von dem Verräter Mobutu am Flughafen von Leopoldville festgenommen und in das Gefängnis von Thysville verschleppt wurde, ging es mir wie allen, die diesen großen Kämpfer für die Freiheit seines Landes liebten: ich war um sein Schicksal besorgt. In dieser Zeit sah ich ein Foto, auf dem er während seiner Überführung mit gefesselten Händen auf der Erde saß. Mich beeindruckten sein klares Gesicht und seine stolze Haltung. Ich dachte an die Worte, die er einige Tage vor seiner Festnahme einem Journalisten gesagt hatte: ‘Eines Tages werden Sie nach dem Kongo zurückkehren. Sie werden ein freies Land sehen, reich, blühend, ohne Zeichen der Unterdrückung.’ Den festen Glauben daran las man noch in seinem Gesicht. Man sah aber auch die Spuren der Leiden, die er ertragen mußte. Er stand vor mir nicht nur als der bekannte Staatsmann, sondern als ein Mensch in Not und Kampf. Diese Leiden, diese Haltung wollte ich in einer Plastik ausdrücken. Ich machte mich an die Arbeit. Sie war schon ziemlich fortgeschritten, als ich die Nachricht erhielt, dass Lumumba ermordet worden war. Mit bewegtem Herzen vollendete ich die Plastik.
Weiterführende Berichte:
Ein Denkmal und seine Geschichte
http://kreuzer-leipzig.de/2011/02/01/ein-denkmal-und-seine-geschichte/
Wiedereinweihung des Lumumba-Denkmals
http://entwickler-netz.de/blog/2011/01/21/wiedereinweihung-des-lumumba-denkmals/
Eine Leipziger Geschichte: Das Lumumba-Denkmal
http://blog.marcel-ruge.de/tag/lumumba/ 
Eine notwendige Ergänzung
Im obigen Text vermute ich, dass das Lumumba-Denkmal in Leipzig wohl das EINZIGE sei in Deutschland.
4 Jahre später erfahre ich von Ines, dass es in Bernau ein wenn auch ganz anders geartetes Lumumba-Denkmal gibt:
die LUMUMBA-EICHE. Dankenswerterweise fotografiert sie für mich den Lumumba-Baum.
Nach Wikipedia haben Teilnehmer des ‚2. Afro-asiatischen Gewerkschaftslehrgangs‘ an der Gewerkschaftshochschule in Bernau die Lumumba-Eiche gepflanzt und wollten damit den kongolesischen Politiker Patrice Lumumba ehren, der im Januar ermordet worden war.
Der Baum steht nunmehr vor einem erst 2003/04 hinzugebauten Schulneubau.
Wie berechtigt, ja notwendig Würdigungen von Lumumba sind, wird mir erneut klar, als ich den Spiegel-Online-Beitrag vom 28. Januar 2016 lese, in dem einmal mehr auch der Anteil der USA an der Ermordung Lumumbas aufgezeigt wird. Ein Hoffnungsträger wird beseitigt und damit der Weg frei gemacht für Mobuto, der mehr als korrupt ist, aber dem Westen zugetan.
… Für Larry Devlin ist Léopoldville der erste Posten an der Front im Kalten Krieg. Der 38-Jährige, ein beinharter Antikommunist, hat in Harvard studiert und arbeitet seither als Agent des US-Geheimdienstes CIA. Der Kongo mit seinen unermesslichen Bodenschätzen, da ist sich Devlin sicher, könnte leicht reiche Beute für die „Commies“ werden – ein Vorteil für die Sowjetunion. Um das zu verhindern und wohl auch, um persönlich voranzukommen, hat der CIA-Mann das behagliche Brüssel gegen das schweißtreibende Léopoldville getauscht.
Hier ein kurzer Auszug aus dem aufschlussreichen Artikel:
… Devlin kommt Mitte Juli 1960 an, wenige Tage nach der Unabhängigkeit. Der CIA-Mann trifft auf ein chaotisches Land. In den Straßen wird geschossen, belgische Fallschirmjäger und Söldner haben Teile des Landes besetzt: Angeblich um weiße Landbesitzer zu schützen, vor allem wohl aber, um die Verstaatlichung der Kupfer-, Uran- und Diamantenminen zu verhindern. Lumumba genießt große Sympathie in der Bevölkerung, und seine linkspatriotische Partei sei „gut organisiert“, kabelt Devlin Anfang August an die CIA-Zentrale.
Eisenhower: „Wir müssen den loswerden“
Zwei Wochen später erhält der Agent den Auftrag, Lumumba auszuschalten. Die Order hat ihren Ursprung ganz oben, im Weißen Haus. Am 18. August hatte Präsident Dwight D. Eisenhower seine Sicherheitsberater versammelt, die ihm ihre düstere These vortrugen: Lumumba suche Unterstützung, auch militärische, bei der Sowjetunion. Eisenhower soll darauf nach Darstellung des Protokollanten Robert Johnson erklärt haben: „Wir müssen den loswerden.“ …
Rolf Schnedelbach hat sich gemeldet, sein Foto des neuen Lumumba-Denkmals habe ich in den obigen Text eingebaut. Er hat an der Einweihung teilgenommen.
In seinem Brief vom 19. März teilt er mir mit, dass er von 72 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Herder-Instituts weiß, dass sie nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Mahnung an uns alle.