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Memoiren und DaF – neue Facetten

2016 8. Februar
von Gerhard Wazel

 

Man beginnt sich mit zunehmendem Alter daran zu gewöhnen: Geburtstagsfeiern, Klassen- und Studientreffen werden immer häufiger zelebriert. Nun kommt eine weitere Art der Rückbesinnung hinzu: Freunde und Kollegen überraschen mit authentisch oder fiktional Autobiographischem, das einen meist dazu bringt, sich damit die Nächte um die Ohren zu schlagen, und zwar besonders in Fällen, in denen man selbst direkt oder indirekt involviert war bzw. ist.

Martin Löschmanns Autobiografie „Unerhörte Erinnerungen eines Sonstigen“ und Astrid Zevens (Pseudonym) Roman „Die Mitläuferin“ , beide fast gleichzeitig erschienen und auf meinem Tisch gelandet, gehören dazu – und wurden sozusagen parallel gelesen und höchst spannend gefunden, sorgten sie doch dafür, dass anscheinend längst Vergessenes wieder lebendig vor einem stand und steht.

Für mich haben sie, verglichen mit den vielen, nach der Wende geschriebenen Biografien, nicht nur den Vorteil, dass ich recht gut beurteilen kann, ob da wahrheitsgemäß berichtet oder adäquat gedichtet wird. Ich schätze sie auch wegen ihrer Ausgewogenheit, ihres Strebens nach Wahrhaftigkeit. Negatives wird nachvollziehbar dargestellt, unsympathische Zeitgenossen werden erkennbar charakterisiert, aber die weitgehend übliche, ärgerliche, weil unhistorische Schwarz-Weiß-Malerei gibt es weder hier noch da.

Doch der literarisch interessierte Germanist goutiert bei allen Unterschieden zwischen beiden Autoren auch die dem Gegenstand und der Absicht angemessene Art und Weise der Darstellung. Der von mir und „Astrid“ während  unseres Studiums in Jena verehrte Prof. Joachim Müller wäre froh, derlei  durchaus Literarisches von seiner ehemaligen Studentin lesen zu können. Seine Saat ist, wenngleich viele Jahrzehnte später, aufgegangen.

Bemerkenswert erscheint mir im vorliegenden Falle auch die Tatsache, dass beide Autoren, der eine über Jahrzehnte als Hochschullehrer in verantwortlicher Funktion, die andere ebenfalls lange als Sprachlektorin, am Herder-Institut beschäftigt waren, in einer Institution, die für uns an den Universitäten tätigen DaF-/DaZ-Spezialisten seinerzeit gleichermaßen Partner- als auch Konkurrenzfunktion besaß.

Insofern müssen wir ein schlechtes Gewissen haben, weil wir uns bisher nicht aufraffen konnten, unsererseits etwas Umfassenderes bzw. Zusammenhängendes zur Entwicklung der DaF-/DaZ-Bereiche an den Universitäten zu Papier zu bringen. Auch da brauchten wir unser Licht mitnichten unter den  Scheffel  zu stellen. Bisher sieht es so aus, als habe die diesbezügliche Entwicklung erst nach der Wende so richtig begonnen. In Wahrheit starteten wir damit beispielsweise an der Friedrich-Schiller-Universität Jena bereits 1994 mit durchaus anspruchsvollen, zukunftsträchtigen, wissenschaftlich untersetzten sowohl für das Voll- als auch für das Teilstudium ausländischer Studenten, die in Kooperation mit den ausländischen Entsendeuniversitäten und Partneruniversitäten aus Ost und West, die BRD (hier vor allem Bielefeld) eingeschlossen, permanent weiterentwickelt, will sagen: der Entwicklung angepasst wurden.

Auch literarisch verwertbare Ereignisse gab es hier zuhauf, umwerfend Humoriges eingeschlossen. Selbst hier ist uns ehemals Herder mit Martin Löschmanns neuester Publikation bei Peter Lang („Humor im Fremdsprachenunterricht“) einen weiteren Schritt voraus. Sie geht aber letztlich auf ein IIK-Projekt mit der Universität Samara zurück und enthält Beiträge von IIK-Mitarbeitern und Partnern. „Einmal, wenn da Zeit sein wird …“ (B.B.) werden wir über unsere diesbezüglichen Erfahrungen aus dem Studium für Studenten aus aller Welt, den diversen Hochschulferienkursen für ausländische Germanisten, unseren PAD-Kursen für Deutschlehrer, unseren Konferenzen und Auslandseinsätzen in Europa, Amerika, Afrika und Asien – ja, so weit waren wir schon damals unterwegs – berichten. Letztlich veranlasste uns dies, uns 1991, ergo vor 25 Jahren, den Namen „IIK Institut für Interkulturelle Kommunikation“ zu geben, der mittlerweile nicht nur in Deutschland (Göttingen), sondern auch in der Schweiz (Zürich), in Russland (Orenburg) und Aserbaidshan (Baku) nachgenutzt wird.

Thomas Mann würde sagen: „Ich bitte wieder ansetzen zu dürfen.“:

Ziemlich einmalig dürfte es sein, dass einer der beiden oben beschriebenen Protagonisten (Löschmann) den anderen (Zeven) rezensiert. Und er macht es – finde ich – sehr gründlich, angemessen und damit lesenswert.

Sein Fazit ist auch das meinige.

Gerhard Wazel

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