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Die Mitläuferin

2016 2. Februar
von Martin Löschmann

Maschkecover1Sind nun wirklich aller guten Dinge DREI? Der autobiografische Roman „Die Mitläuferin“ könnte auch eine Antwort darauf sein. Jedenfalls liegt mit dieser Veröffentlichung aus dem Jahre 2015 eine dritte Arbeit vor, die sich mit dem Herder-Institut beschäftigt bzw. in der das Institut so oder so eine Rolle spielt. Im Blog findet sich unter der Überschrift „Ein ehemaliger Kommilitone und späterer Kollege des Herder-Instituts legt seine Memoiren vor“ eine Rezension zu Peter Zimmermann, Geschichte wird uns zugefügt. Ein Ostdeutscher erinnert sich an das 20. Jahrhundert. 10 Jahre später legte ich selbst als ein langjähriger Mitarbeiter des Herder-Instituts meine Unerhörten Erinnerungen eines Sonstigen“ vor. Kurz darauf oder doch schon vorher – auf jeden Fall im gleichen Jahr – kam der autobiografische Roman „Die Mitläuferin – Ein Leben in zwei Deutschländern“ von Astrid Zeven beim Verlag Tredition Hamburg heraus.

Während es sich bei Zimmermann und Löschmann um ausgemachte Memoiren handelt, kleidet Astrid Zeven (ein Pseudonym) ihr Leben in einen Roman, wählt den Weg der Fiktionalisierung ihres Lebens, das ihr das Schreiben einerseits leichter macht, andererseits schwerer, weil ästhetisch-literarische Überlegungen im Schreibprozess berücksichtigt werden müssen.

Dörte, die Protagonistin des Buches, gerät in eine lebensentscheidende Konfliktsituation, die zu einem Wendepunkt ihres Lebens wird und zugleich einen Spannungsbogen schafft. Sie verlässt – nicht mehr so weit vor der Wende – die DDR und kommt über Ungarn in die Bundesrepublik, entsprechend eines mit ihrem Ehemann bestens ausgeklügelten Planes, unbeschadet an. Ihr Gatte hatte als Invalide bereits mit Sohn Felix über einen legalen Weg die Republik verlassen können. Im Westen angekommen, besteht sie nach merklichen Anlaufschwierigkeiten, wie sie letztlich auch in der DDR bestanden hat, will schreiben, dass sie auf einem langen, durchaus spannenden Wege durch die zwei Deutschländer zu sich findet und sich eigenständig in der Bundesrepublik Deutschland einrichtet – übrigens auch deshalb, weil sie eine ähnlich gelagerte Arbeit wie in der DDR findet.
Den Großteil ihres Lebens allerdings verbrachte sie in der DDR, in der sie trotz aller schwierigen Lebensumstände zurechtgekommen war. Doch zunehmend wurde für sie und ihre Familie das Leben in diesem Teil Deutschlands aus den verschiedensten Gründen unerträglich, so dass letztlich der Knoten platzt.

Damit reiht sich der Roman ein in die Fülle der Erzählwerke, die Biografien, Schicksale, Konflikte zwischen Ost und West gestalten. Während in nicht wenigen dieser Werke Schwarz-Weiß-Malereien, die Ungleichverteilung von Gut und Böse darin unübersehbar sind, bemüht sich Astrid Zeven um eine möglichst unverstellte Darstellung ihrer Protagonistin sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik. So wird die Bundesrepublik als Sieger in Bezug auf den ‘Anschluss der DDR‘ bezeichnet und vom ‚Raubtierkapitalismus‘ gesprochen. Gerade weil die Heldin Problemlagen offen und nicht einseitig anspricht, gewinnt sie an Authentizität. Dass sie den Ostteil Deutschlands letztlich verlässt, muss natürlich zwangsläufig zu einer kritischeren und gelegentlich undifferenzierten, pauschalierenden Betrachtung der auf das Ende zulaufenden DDR und zur Idealisierung der Bundesrepublik als dem Land der Freiheit führen. Diese in vollen Zügen genießend, lässt sie sich allerdings nicht daran hindern, neben beglückenden auch bittere Erlebnisse und Erfahrungen in der neuen bayrischen Heimat mitzuteilen. Vielleicht zu umreißen mit den Stichpunkten: ein zu beobachtendes erlöschendes Desinteresse an den ‚Brüdern und Schwestern im Osten‘, eine gewisse soziale Kälte, vor allem aber die Wiederbegegnung mit einem überwunden geglaubten Frauenbild.

Für den Rezenten gewinnt dieser Roman insofern zusätzlich Brisanz, als die Heldin Dörte einen Teil ihrer Arbeitsjahre an einem Sprachinstitut in Leipzig verbringt, das trotz einiger kaum merklicher Verwischungen für mich unverkennbar das Herder-Institut sein soll. Da es von ihr nicht so benannt wird, hat sie natürlich alle Freiheit der Welt, ganz im Sinne Georges Simenons Feststellung, wonach er seinen autobiografischen Roman als ein Genre bezeichnet, in dem «alles wahr ist, ohne dass irgendetwas genau stimmt». Ganz so krass verfährt die Autorin nicht, denn die meisten Details stimmen schon.

Dörte wird also, von einer Fachhochschule kommend, am Sprachinstitut, im Klartext am Herder-Institut der Karl-Marx-Universität, mit dem Ziel eingestellt, in der Abteilung Ausbildung zu unterrichten. Da sie Germanistik und Anglistik studiert und bereits Erfahrungen in der Arbeit mit ausländischen Studierenden gesammelt hat, ist sie geradezu prädestiniert dafür. Am Institut, das in dieser Zeit enorm expandierte, kann sie sich mit den Zielstellungen identifizieren und setzt sich folglich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Verwirklichung der explizit benannten Ziele engagiert ein. Dass sich Dörte niemals mit dem Erreichten zufrieden gibt, zeigt z.B. ihr Mitwirken in den Internationalen Hochschulferienkursen für Germanistik, die von der Forschungsabteilung des Herder-Instituts im Auftrage der Universität jeweils im Sommer ausgerichtet wurden und an denen Germanisten und Deutschlehrer aus aller Welt teilnahmen. Nur die fachlich Besten aus der Ausbildungsabteilung wurden dazu ausgewählt, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungsabteilung nicht ausreichten, die sprachpraktischen Übungen zu bewältigen. Eine anerkannte Position zu erklimmen, ist für Dörte Lebenselixier.
„Hauptsächlich in den Sommermonaten fanden die Internationalen Hochschulferienkurse für ausländische Germanisten und Deutschlehrer statt. Während in der Studienvorbereitung vorwiegend Studenten aus Entwicklungsländern ausgebildet wurden, trafen sich in den Sommerkursen Menschen aus der ganzen Welt, besonders aus den USA und Schweden, an der Universität. Das vor allem anderen machte die Arbeit so spannend und ließ die dort arbeitenden Hochschullehrer das Eingesperrtsein nicht so krass empfinden wie viele ihrer Landsleute. Man konnte andere Kulturen, andere Lebensweisen kennenlernen, was den Horizont über den in der DDR erlebbaren ungeheuer erweiterte.“
Sehen wir mal von dem Detail ab, dass statistisch gesehen Germanisten und Deutschlehrer aus den USA keineswegs eine Spitzenposition einnahmen, fehlt aus meiner Sicht die wesentliche Information, dass es in diesen Kursen um Fortbildung vor allem auf den Gebieten: Landeskunde, Linguistik, Literatur, Didaktik ging. Ich vermute mal, dass die Protagonistin die Sparte Literatur und Landeskunde vertrat. Außerdem stimmt auch nicht, dass Hochschullehrer, das waren und sind auch heute Professoren und Dozenten, dort tätig waren, sondern vor allem waren das Sprachlektoren, Lehrer im Hochschuldienst u.a., die zum akademischen Mittelbau gerechnet werden. Nicht zu übersehen überdies, dass nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich „eingesperrt“ fühlten, weil ja ein wenn auch geringer Teil von ihnen zu wissenschaftlichen Veranstaltungen, als Gastdozenten und Auslandslektoren auch ins NSW, also ins ‚nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet‘ reisen durfte. Dörte, nicht promoviert, konnte nicht Hochschullehrerin sein, jedenfalls nicht in der realen Universitätswelt früher wie heute.
So manches, was über das Sprachinstitut im Roman mitgeteilt wird, deckt sich mit dem, was z.B. in den „Unerhörten Erinnerungen“ zum Herder-Institut und in diesem Blog dargestellt ist: die humane Aufgabenstellung in ihrer Vielseitigkeit, der offene Geist, die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Ausbildungsbestrebungen, die Kollegialität:
„Die Tätigkeit an diesem Institut bedeutete für Dörte viel mehr als ein Karrieresprung. Toleranz, etwas Weltoffenheit und Gelassenheit erzwangen sich hier, vor allem auch deshalb, weil die vielfältigen Kontakte mit Kollegen aus dem anderen Deutschland es nicht zuließen, eine allzu primitive Ideologisierung, wie ansonsten im DDR-Alltag üblich.“
Traun fürwahr! Was allerdings die „vielfältigen Kontakte mit Kollegen aus dem anderen Deutschland“ betraf, könnte dieses Zitat einen falschen Eindruck vermitteln; denn gerade sie waren fast bis ans Ende der DDR unsinnigerweise äußerst eingeschränkt. Geradezu manisch das offizielle Gebot: nur keine deutsch-deutsche Zusammenarbeit. Dänische, finnische, englische, französische, italienische Kolleginnen und Kollegen genossen da schon offiziell einen höheren Grad der toleranten Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Der Roman versprachlicht natürlich nicht nur einige bekannte Gegebenheiten im Institut, sondern gewährt neue kritische Einblicke aus Dörtes Romanperspektive: Beispielsweise die Arbeitseinsätze von Kolleginnen und Kollegen in den Internaten für ausländische Studierende. Keine Erfindung der Verfasserin. Die Wohnstätten, die Internate in Leipzig waren in der Tat ein großes Sorgenkind. Da vonseiten der Universitätsleitung zu wenig getan wurde bzw. getan werden konnte, organisierte die Institutsleitung eine Selbsthilfe, die Dörte schon an ihrem ersten Arbeitstage kennen lernte und relativ gelassen, fast heiter hinnahm.
„Im Internat angekommen, wurde sie sogleich einem Kollegen an die Seite gestellt, der die Zimmer neu tapezierte. Nun hatte Dörte zwar früher schon ihrem Vater beim Tapezieren geholfen, war bei ihm jedoch immer nur Hilfsarbeiterin gewesen. Von dem Kollegen lernte sie perfekt tapezieren, was sich bei der Renovierung der eigenen Wohnung als sehr nützlich herausstellte.“
Das Beispiel verdeutlicht, wie zupackend Dörte ist. Was sein muss, muss sein, ganz gleich in welchem Gesellschaftssystem. Und sei es der Eintritt in die SED. Was sie aus Sicht der Autorin offensichtlich zur Mitläuferin macht. Das Tapezieren von Internatszimmern durch Lehrkräfte hätte eigentlich nicht sein müssen, aber so war nun mal die DDR-Realität, die ungeschönt ins Visier genommen wird. Dörte steht also ihre Frau, wo auch immer sie ist. Energisch, zielstrebig, entschlossen begegnet sie uns. Im heutigen Sprachgebrauch: eine ‚Power-Frau‘, die schon mal „20 doppelte Korn“ verträgt! Sie weiß fast immer, was sie will, emanzipiert wie sie ist. Dabei kann es schon passieren, dass sich das Ego vordrängt und die Sache und die agierenden Menschen in den Hintergrund geraten, zumindest recht undifferenziert betrachtet werden. Sie bleiben namenlos.
So könnte man sich fragen, wieso sie bei ihrem Anspruch an das Leben, ihrem Wissensdrang und ihrer Wertschätzung der Bildung anderer nicht an ihrem Sprachinstitut die einst beabsichtigte Promotion ernsthaft in Angriff nimmt. Um sie herum gab es doch realiter durchaus nachstrebenswerte Beispiele, zumal Promotionen besonders von Mitarbeiterinnen im Rahmen von Aspiranturen und Freistellungen energisch gefördert wurden. Im gegebenen Fall wäre sie möglicherweise in der Forschungsabteilung gelandet und hätte nicht die für sie bitteren Erfahrungen im sogenannten ‚Libyerkurs‘ machen müssen, die offensichtlich wesentlich ihren Fluchtgedanken bestärkten. Na gut, das wäre ein anderer Roman geworden!
„Mitte der achtziger Jahre sollte eine Gruppe aus Libyen am Institut eine Ausbildung in der deutschen Sprache erhalten. Der Kurs wurde sehr gut bezahlt. Geld spielte für Gaddafi keine Rolle, und so wurde ein extra Bereich für diese Teilnehmer eingerichtet, in dem Dörte eingesetzt wurde.“
Um möglichst viele Valuta-Zahler möglichst lange bei der Stange zu halten, wurden die betreffenden Lehrkräfte offensichtlich angehalten, besonders bei älteren Teilnehmern, die große Schwierigkeiten beim Spracherwerb hatten, ein oder gar zwei Augen zuzudrücken. Mit Recht ist Dörte „konsterniert“ und lehnt dieses Ansinnen innerlich ab, nach außen hin sieht sie sich jedoch gezwungen, „die Kursanten von Stund an nicht mehr korrekt“ zu benoten, sondern „mehr oder weniger nach deren Wünschen.“ Wiederum ein Beweis ihrer Mitläuferschaft.

Noch einmal: Die Tatsache, dass in dieser Rezension die Betrachtung des Sprachinstituts alias Herder-Institut einen relativ breiten Raum einnimmt, darf nicht dazu führen zu glauben, Dörtes Arbeit und Arbeitsstätten seien im Romangeschehen zentral. Im Gegenteil die jeweiligen Arbeitsfelder werden kaum beschrieben, gegebenenfalls aber auch mal erweitert. So hat ihr Sprachinstitut z.B. im Ausland Dependancen und das Recht, direkt Auslandslektoren und -lektorinnen ins Ausland zu delegieren, vergleichbar mit dem Goetheinstitut. Das nun war beim Herder-Institut nicht der Fall, solches wurde durch die entsprechenden Stellen im Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen erledigt.

Das Stilmittel der Realitätsverwischung zeigt sich auch bei der Beschreibung des Wirkens ihres Ehemannes an der Uni Leipzig. Auch hier bleibt einiges abstrakt nebulös, womöglich aus der bangen Erkenntnis heraus, wen interessiert schon die geisteswissenschaftliche Arbeit eines angehenden Wissenschaftlers. So erfährt der Leser, Götz beschäftigt sich mit Lateinamerika, löckt politisch-ideologisch wider den Stachel, weicht von den Vorstellungen seines Betreuers vehement ab, was seinem Bleiben abträglich ist. Im Gegensatz zu Dörte kein Mitläufer, sondern eher ein ‚Gegenläufer‘, wenn es dieses Wort gäbe. Trotzdem findet er dann ‚im Westen‘ keine ihm angemessene Arbeit, geschweige denn die Möglichkeit, seine wissenschaftlichen Untersuchungen fortzusetzen. Oder hatte er sich mit seinem Weggang auch von seinen wissenschaftlichen Ambitionen verabschiedet? Götz Weseloh, ehemals Schmied, ist nun der Mann, der endlich Dörtes hohen geistigen, lebenspraktischen, sexuellen Ansprüchen und Anforderungen an Männer entspricht und zunehmend ihr Leben mitbestimmt, so dass besonders in dem Teil, der in den alten Bundesländern spielt, das WIR deutlich hervortritt, beginnend vielleicht mit dem DDR-Abkopplungsprozess Mitte der 80er Jahre.
Da kommt auch die Schilderung seines Treppensturzes, hier lassen wir uns unbemerkt in einen ‚Action-Film‘ hineinziehen. Götz greift nach reiflicher Beratung mit seinem Freund zu einem letzten Mittel, „dem Umstand, dass er aus dem Verkehr gezogen werden sollte, zuvorzukommen. Deshalb sollte er sich am Ende seiner Vorlesung die Treppe hinabstürzen und würde aufgrund dieses UNFALLS nicht für die Abstrafung durch die Partei zur Verfügung stehen. Zeit gewinnen war die Devise!“ Wie vermag eine liebende Frau zuzustimmen, dass sich ihr Mann bestenfalls absichtsvoll zum Krüppel stürzt, um der Bestrafung durch die Partei zu entgehen, die letztlich „nur“ den Parteiausschluss und damit den Verlust der Arbeitsstelle nach sich ziehen kann. Schlimm genug, aber rechtfertigt dies sein Leben aufs Spiel zu setzen, zumal ja auf keinen Fall gar mit einer Verhaftung gerechnet wird. Immerhin muss er drei Wochen im Krankenhaus bleiben. Da hätte doch einiges schiefgehen können. Auf andere Ungereimtheiten dieses Vorfalls will ich gar nicht verweisen: doch noch auf den Hochschulwechsel danach. Was will ein Lateinamerika-Experte, allerdings ohne abgeschlossene Promotion, an einer der Pädagogischen Hochschulen, die, ich möchte hier kein Klischee bedienen, doch keineswegs weniger ideologisch verkrustet in der DDR-Realität daherkamen. Und die neuen „freundlichen Kollegen, die auch des Öfteren Krankenbesuche bei ihrem neuen Mitarbeiter zu Hause machen.“ Obwohl sie ihn doch höchstwahrscheinlich gar nicht kennen. Was für eine schöne heile DDR-Welt!

Astrid Zeven erzählt ihre Geschichte unaufgeregt und auch weitgehend die ihres Mannes, immerhin wird sein Vorname über 400mal erwähnt, und natürlich die ihrer drei Kinder, die sich in den bewegten Zeiten auch durchzusetzen wissen. Letztlich alles Erfolgsgeschichten. Gelegentlich ausufernde Beschreibungen und Reflexionen werden meistens wieder durch den gewählten Erzählmodus eingefangen.(Vgl. z.B. die an sich lesenswerte Beschreibungen der bizarren Insel Hiddensee) Sprachlich liest sich der Roman gefällig, auch deshalb, weil sich die Autorin um eine klare, den beiden Haupt-Protagonisten angemessene Sprachgestaltung bemüht. Den heiteren Grundton spürt man allenthalben und ist erfreut. An manchen Stellen allerdings wäre eine differenziertere Sprachgestaltung angebracht. Was ist zum Beispiel nicht alles nett oder schön? (ein Mann, den Dörte nett fand, eine Ehefrau, die lieb und nett ist, ein schönes Zimmer bei einer netten Frau, der Verantwortliche war sehr nett, der Arzt war ausgesprochen nett, ein netter, anständiger junger Mann, das war vergleichsweise sehr nett, sie hatte sehr nette Kollegen, es ergab sich ein nettes Gespräch usw. Das Wort schön kommt allerdings noch öfter vor, wunderschön eingeschlossen.)

Fazit: Wer an charakteristischen Biografien, wie sie in den letzten 50 Jahren in Deutschland gelebt und nach der Wende geschrieben wurden, interessiert ist, dem kann man den Roman „Die Mitläuferin“ nur empfehlen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Autorin einen modernen autobiografischen Roman geschrieben hat, der reflexive und kritische, epische und autobiografische Passagen vereint und obendrein eine eigene Interpretation des allgemein pejorativ verwendeten Begriffes ‚Mitläuferin‘ gestaltet. Eine liebenswerte Mitläuferin. Der Rezensent hat den autobiografischen Roman jedenfalls mit großem Interesse gelesen. Wenn man dem durchaus erfolgreichen amerikanischen Schriftsteller David Shields vertrauen darf, ist unsere Kultur heute von einer Sehnsucht nach Authentizität geprägt. Astrid Zeven liefert sie.

(Vorletzter Absatz am 4. Februar 2016 geändert – ML)

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