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Im Banne von Ägypten: Rilke und andere

2013 12. Juli
von Bernd Landmann

Landmann


Der Wächter an dem Eingang gab uns erst Des

 

Das Ägyptenfieber kam in Schüben über Europa. Die Infizierten zieht es mit magischer Gewalt in dieses Land voller Geheimnisse und Staunen machender Kultur. Die erste Kunde davon haben wir aus der Antike. Alexander lockte es nach Siwa zum berühmten Orakel, Antonius und Cäsar nach Alexandria zur sagenhaft schönen Kleopatra, Hadrian zu den Memnonkolossen, deren Sphärengesang er hören wollte, seinen jugendlichen Gefährten Antinoos in die Fluten des Nils, in denen er den Tod fand und aus denen er als Gott wieder emporstieg. Erregende Legenden, Magie, Faszination.

Danach verschwand das Land der Pharaonen für Jahrhunderte vom Bildschirm der Europäer. Mit Napoleons Feldzug aber kehrte es triumphal ins europäische Bewusstsein zurück. Der Stein von Rosetta, 1799 bei Alexandria gefunden, ermöglichte im Gefolge seiner Entzifferung durch Champollion 1822 plötzlich Blicke in tiefste Tiefen der Menschheitsgeschichte. Eine neue Wissenschaft wurde über Nacht geboren: Die Ägyptologie. Heerscharen von Archäologen brachen zu Grabungen ins Land am Nil auf und wurden fündig. Seitdem hält der Strom abenteuerlustiger, neugieriger Reisender aus den nördlicheren Breiten fast ununterbrochen an. Doch er fließt nicht gleichförmig dahin, sondern schlägt aperiodisch mehr oder minder hohe Wellen, ausgelöst durch spektakuläre Funde, sensationelle Nachrichten, aber auch grandiose Werke von Künstlern, die durch Anschauung oder Imagination in den Bann von Ägypten geraten waren. Wissenschaft und Kunst trieben sich vor allem in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wechselseitig auf immer höhere Gipfel der fiebrigen Erregung.

Max Slevogt reiste im Februar 1914 nach Ägypten und schuf in vierzig Tagen 21 Gemälde, dazu Aquarelle und Zeichnungen en masse. Ein Schaffensrausch. Paul Klee sammelte Bildimpressionen im Winter 1928/29 in Alexandria, Kairo, Luxor und Assuan und schuf danach Gemälde, in denen die Seele der altägyptischen Kunst auf ganz eigene Art wieder zu sich gekommen scheint.

Über Thomas Manns ungeheure Faszination von Ägypten gibt seine Roman-Tetralogie „Joseph und seine Brüder“ beredt Auskunft. Interessant dabei, dass er seine ägyptische Initialzündung gar nicht am Nil, sondern auf einer Palästina-Reise im Jahre 1925 erlebte. Die Josephs-Romane – kolossal wie die Pyramiden von Giza in ihrem Ausmaß! Ich sog diese ebenso ausufernde wie geistreiche und mit Ironie durchtränkte Nacherzählung biblischer Überlieferung im Sommer 1968 gleichsam atemlos in mich ein. Wer an Wunder glaubt, dem geschehen sie. Nur wenige Monate nach diesem außerordentlichen Leseerlebnis sollte ich wie einst der biblische Joseph nun selbst Pharao ins Antlitz schauen: Im Ägyptischen Museum in Kairo. Ich war im November 1968 völlig unerwartet als Deutschlektor nach Kairo delegiert worden, Und um das Wunderbare zu steigern: Mein neuer Arbeitsplatz befand sich an der altehrwürdigen, über tausend Jahre alten Al Azhar Universität, wo man an der Sprachenfakultät gerade dabei war, eine germanistische Abteilung einzurichten. 2009 hat sie den 40. Jahrestag ihres Bestehens gefeiert. Als Nichtmuslim an der muslimischsten Universität der Welt und das in der Geburtsstunde einer neuen Abteilung! Unglaublich, aber wahr.

Obwohl schon frühzeitig mit dem Ägyptenvirus infiziert, bin ich freilich ohne Vorsatz und eigene Zielsetzung an den Nil gekommen. Die Umstände haben es einfach so gefügt. Insofern ist es mir ähnlich ergangen wie Rainer Maria Rilke. Ihn haben, obwohl Ägypten durchaus schon lange eins seiner Sehnsuchtsländer war, letztlich auch eher zufällige Umstände an den Nil geführt. Das hat er später bedauert: „Ich weiß nur, daß man diese gleichsam in sich hinein lebenden Länder nicht mehr so bereisen dürfte, ohne einen ganz präzisen Zweck, fast möchte ich sagen: ohne eine sehr sinnfällige Entschuldigung…“ (An Alexander von Thurn und Taxis am 28. 02. 1911). Hier deutet sich schon an, dass Rilkes Ägypten-Reise anders war als die jener deutschen Künstler, die unter der nordafrikanischen Sonne von vorn herein künstlerische Inspiration gesucht haben. Von Rilkes Ägyptenreise und ihrem ganz eigenen künstlerischen Niederschlag soll nun im Folgenden die Rede sein. Doch zuvor muss ich noch die Geschichte von der Königskuchenform erzählen.

Wir hatten eine solche Backform, die auch als Kastenform bekannt ist, irgendwann auf dem Khan el Khalili gekauft. Ohne großes Feilschen, denn sie hat nur 25 Piaster gekostet. Wir wollten darin aber keinen Kuchen backen, sondern Brot, schlichtes deutsches Roggenbrot, denn wir waren eines Tages des Weißbrotes und der Maisfladen überdrüssig geworden. Den Sauerteig hatten wir gemäß gutem Ratschlag vorsorglich von zu Hause mitgebracht. Er wurde Landmann1sorgsam gepflegt. Zweimal in der Woche war Backtag. Der Duft von frisch gebackenem Brot durchzog in köstlichen Schwaden unsere Wohnung. Das waren Festtage. In unserem Hause am Midan Ahmed Orabi wohnte nun aber ein Ehepaar, Horst und Helga Nalewski, dem der Gaumen auch bald nach deutschem Schwarzbrot wässerte, jedoch keine geeignete Backform besaß. So halfen wir mit der unsrigen aus. Immer und immer wieder, und das sehr gern. Diese Gefälligkeit hat sich ausgezahlt. Im Juli 2002 schenkte uns Horst Nalewski, inzwischen emeritierter Professor für deutsche Literaturgeschichte der Berliner Humboldt-Universität, die von ihm zwei Jahre zuvor als insel taschenbuch 2699 herausgegebene und mit einem Nachwort von ihm versehene Textauswahl: „Rainer Maria Rilke. Reise nach Ägypten“.

Sie sollte sein Bestseller werden. In feiner Handschrift hatte er auf das erste Blatt eine persönliche Widmung für meine Frau und mich geschrieben, mit dem Zusatz: Erinnerung an weit Zurückliegendes. Das hat natürlich Freude ausgelöst. Und da das Büchlein gewissermaßen eine Gegengabe war, implizierte es nach meiner Ansicht die freundliche Erlaubnis, es ebenso zum eigenen Nutzen zu gebrauchen wie er seinerzeit die Königskuchenform. Der Gedanke, daraus einen eigenen Text zu destillieren, ist mir allerdings erst mehr als zehn Jahre nach dem Empfang und der Erstlektüre des Bändchens gekommen. Ausgelöst hat ihn die Redaktion des Papyrus-Magazins mit ihrer Anfrage, ob ich etwas für das nächste Heft zum Thema Inspiration Ägypten beitragen könnte. Als ich daraufhin das Nalewski Büchlein wieder zur Hand nahm, nötigte mir ein selbstironisches Lächeln die Entdeckung ab, dass auch Rilke etwa zehn Jahre gebraucht hat, um das, was er einst empfing, wieder zu entäußern. Ein Zufall, aber ein hübscher. Erst 1921/1922 gerann ihm gültig zur Dichtung, was die Begegnung mit Ägypten in ihm abgelagert hatte. Das war sozusagen sein letztes Wort über das Land der Pharaonen. Mein Beitrag hier soll allerdings nicht mein letztes Wort zum Thema Ägypten sein. Schon deshalb nicht, weil jeder journalistische Text im Augenblick seines Erscheinens dem Tode schon anheim gegeben ist, um es mit Rilke’schen Worten auszudrücken. Die missbräuchliche Verwendung des edlen Verses sehe man mir nicht als Blasphemie, sondern aus Liebe nach.

Die mannigfachen gewaltigen Eindrücke, die auf Rilke während seiner Ägypten-Reise von Januar bis März 1911 einstürmten, trafen ihn nicht gänzlich unvorbereitet. Seine Frau Clara hatte bereits vor ihm einmal das Nilland bereist, und zwar von Januar bis April 1907. Von dort hat sie ihm begeisterte Briefe geschrieben. Seine Antworten darauf lassen erkennen, wie sehr ihn ihre Erlebnisse berührten. „Dank für alles, was Du auf so treue Art mit mir teilst und wenn die Ergänzungen hinzukommen werden, die mündlichen, so werde ich irgendein Ganzes zum Erinnern und Vorfreuen haben…“ Er betrachtete aufmerksam die Bilder, die sie einlegte, und zeigte sich besonders beeindruckt von dem Sphinxhaupt „…mit der ganzen ungeheuern Ausdauer seines Daseins…“ Und weiter schrieb er: „Selbst wenn ich erst in Jahren hinkommen sollte, wie sehr bin ich nun schon eingeführt und in Umgang mit alledem.“ (An Clara Rilke, am 18. März 1907).

Es vergeht, wie vorausgeahnt, noch eine ziemliche Zeit, bis das Ereignis eintritt. 1910, in einer tiefen künstlerischen und existenziellen Schaffenskrise, lädt ihn eine Dame namens Jenny Oltersdorf, mit der ihn offenbar ein kurzzeitiges Liebesverhältnis verbunden hat, ein, sie und einige Bekannte von ihr auf einer ausgedehnten Orientreise zu begleiten. Rilke sagt zu. Aber die Reise beschert ihm, wie man aus bestimmten während und unmittelbar nach der Reise getanen Briefäußerungen schließen könnte, eher viele Misslichkeiten denn begeisternde Erlebnisse. An Karl und Elisabeth von der Heydt schreibt er am 25. Februar 1911 aus Helouan: „…stellen Sie sich vor, daß ich wochenlang in Algier …um Weihnachten in Tunis war (kurz vorher biß mich ein fanatischer kabylischer Hund in Kairouan); seit Anfang Januar auf aegyptischem Boden, habe ich (leider mit Cook) den Nil bis Assouan aufwärts befahren, bin nun in Cairo drei Wochen krank gewesen, habe mich von meinen bisherigen Reisegefährten getrennt und mich her nach Helouan gerettet…“ Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Das Land hat ihn dessen ungeachtet tief und nachhaltig beeindruckt. Im selben Brief schreibt er: „Immerhin Sie wissen, wie ich nach dem Orient verlangt habe: nun ist er mir so oder so in Erfüllung gegangen, Ablagerungen ungeheuerer Tatsachen haben sich zwischen gestern und morgen herangehäuft…“ Freilich empfindet er alles, was er mit Auge und Ohr aufgenommen hat, zunächst noch als eine ungeordnete Masse, die ihn eher verwirrt und bestürzt. An seine Frau Clara schreibt er am 18. Januar 1911 an Bord des Schiffs Ramses the Great in Luxor: „…ich hatte bei dem liegenden Ramses in der Palmenlichtung von Sakkhâra schon das Gefühl, ich könnte umkehren, jetzt ist alles längst zuviel…“ Ähnlich zwiespältig äußerte er sich am 28. Dezember 1911 gegenüber seiner Altgeliebten Lou Andreas-Salomé: „Das war nicht das Richtige. Aber ein wenig Orient ist mir doch beigebracht worden, auf dem Nilschiff hab ich mich sogar mit dem Arabischen eingelassen, und das Museum in Cairo hat vielleicht doch etwas aus mir gemacht, so konfus ich hineinkam…“. Aufschlussreich auch ein Brief an seinen Verleger Anton Kippenberg: „Cairo bringt dreifach Welt über einen, man weiß nicht, wie man alles leisten soll: da ist eine weite, rücksichtslos ausgebreitete Großstadt, da ist das ganze bis zur Trübe dichte arabische Leben, und dahinter stehen immerfort …diese unerbittlich großen Dinge Ägyptens, mit denen man sich gar nicht einlassen sollte.“ (Cairo, Shepheards Hôtel, am 10. Februar 1911).

Die in all den Briefäußerungen von damals mitschwingende dumpfe Ahnung, dass sein Ägypten-Erlebnis trotz Überfülle und Ungeordnetheit der Eindrücke sowie der zahlreichen Misslichkeiten in ihm stark nachwirken und letztendlich auch für seine künstlerische Produktion fruchtbar werden würde, sollte sich bewahrheiten. Doch bis dahin bedurfte es eines langen Prozesses der Verarbeitung, Klärung, Sublimierung. Auf diesen nahmen immer wieder neue Stimuli Einfluss. Förderlich in diesem Zusammenhang waren u. a. die Lektüre des 1912 im Kurt Wolff Verlag erschienene Buch von Mechthilde Lichnowsky „Götter, Könige und Tiere in Ägypten“ und Gespräche, die er mit den Ägyptologen v. Bissing 1911 in München und Steindorff 1913 in Leipzig führte. Letzterer zeigte sich von Rilkes Interesse so beeindruckt, dass er ihm anbot, „ihn (zusammen mit Kippenberg’s) einmal auf einer Ausgrabungs-Expedition in die nubische Wüste zu begleiten…“ (An Lou Andreas-Salomé am 1. August 1913). Das Angebot hat der Dichter ernstlich erwogen.

Schon bald war sich Rilke bewusst geworden, dass ihn in Ägypten vor allem die uralten Skulpturen fasziniert haben, was nicht Wunder nimmt, wenn man weiß, dass seine Frau Clara Bildhauerin war und der Dichter jahrelang eine sehr enge Beziehung zu Auguste Rodin gepflegt hat. Rilke hat sogar 1903 eine Monographie über den berühmten Bildhauer geschrieben. Mehr als andere hat ihn deshalb auch die Berliner Ausstellung der in Tell el-Amarna ausgegrabenen Bildkunstwerke in Bann geschlagen, die 1913 für Furore in ganz Deutschland, ja in Europa gesorgt hat. Am 11. August 1913 schrieb er an Mechtilde Lichnowsky darüber, dass er im Leipziger Ägyptischen Museum Zeuge gewesen ist, wie dort eine Replik des Kopfes von Amenophis IV., d.h. Echnatons, eintraf: „… dann kam Landmann2aus einem unscheinbaren Paket plötzlich der Gipsabguss des Berliner Amenophis gar nicht erst zum Vorschein, sondern zur Erscheinung und zwei Tage später stand ich im Museum in Berlin vor dem Urding…“. Gleich nach diesem ihn im tiefsten Inneren aufwühlendem Erlebnis, hat er, offenbar um seiner Erregtheit Herr zu werden, versucht, den Kopf zu beschreiben,: „Wie die Eichel in ihrem Becher, so ruhte diesem becherig fassenden Haupte von oben die Krone ein: es war ein Teil von ihr, sie bildeten zusammen ein einziges Stück Herrschaft, die Frucht König, die der Himmel zur Süße brachte“. Entstanden ist der Text vermutlich Ende Juli 1913 in Heiligendamm. Noch im Februar 1914 stand er voll im Banne dieser Skulptur: „Könnte man sich nicht abkehren von einer Sternennacht, um in diesem Antlitz dasselbe Gesetz in Blüte zu finden, dieselbe Größe, Tiefe, Unausdenkbarkeit?“, schrieb er an Magda von Hattingberg. Erst 1922 wurde die weltberühmte Nofretete-Büste zum ersten Mal öffentlich ausgestellt und der Dichter schwärmte gegenüber Nanny Wunderly-Volkart am 3. März desselben Jahres, sie sei „von demselben Erblüht-, ja Erfruchtet-Sein wie die köstlichenten des Königs. Au?erordentlich beeindruckt hat den Dichter auch der als Großer Sonnenhymnus des Echnaton bekannte altägyptische Hymnus aus der Amarna-Zeit. In diesen Zusammenhang darf man sicher die folgende briefliche Äußerung Rilkes stellen: „Was war das für ein Moment der Windstille in der großen ägyptischen Zeit? Welcher Gott hielt den Atem an, damit diese Menschen um den vierten Amenophis so zu sich kamen?“ ( An Lotti Wedel am 28. Januar 1922).

Nun war der Boden genug bereitet, dass die Saat aufgehen konnte. Einen ersten Versuch der lyrischen Bewältigung finden wir in den 1920/Anfang 1921 entstandenen Gedichten, die unter dem Titel Aus dem Nachlaß des Grafen C. W. herausgegeben wurden. Der Dichter, für seine Selbstmystifizierung bekannt, will sie von einer geheimnisvollen Gestalt in der Tracht des 18. Jahrhunderts, die ihm auf Schloss Berg am Irchel erschienen sei, an drei Abenden in die Feder diktiert bekommen haben. Wir lesen: „In Karnak wars… /… Wie Figur / sich nach Figur mit reinem Mondschein füllte, / war das im klarsten Umriß ausgefüllte / Relief, in seiner muldigen Natur, / so sehr Gefäß -: und hier war das gefasst/ was nie verborgen war und nie gelesen: / der Welt Geheimnis, so geheim im Wesen, / dass es in kein Verheimlichtwerden passt!“

Doch erst in den Duineser Elegien und in den Sonetten an Orpheus rundet sich’s zum Meisterlichen. Hier meditiert er mit orphischen Worten über die erregende Spannung zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit. Deren überwältigenden und für alle Zeiten gültigen Ausdruck tragen, so resümiert er jetzt in der Rückschau, all die großartigen Bauwerken und Skulpturen der Pharaonenzeit, die er damals in Ägypten ehrfürchtig betrachtet hat und deren Bilder sich ihm unauslöschlich eingegraben haben. Im „krönlichen Haupt“ des „erhabenen Sphinx“ sieht er staunend „der Menschen Gesicht“, „das für immer, schweigend“ „auf die Waage der Sterne gelegt ist.“ So in der zehnten Elegie.

Solche Dichtung lässt mich verstehen, warum mein Freund Horst Nalewski fast sein ganzes Arbeitsleben dem Werk Rainer Maria Rilkes gewidmet hat. Wer selbst einmal in Ägypten ehrfürchtig vor dem Sphinx gestanden hat, spürt, dass hier ein Dichter meisterlich in Sprache gemeißelt hat, wozu man selbst nie in der Lage gewesen wäre. Man fühlt sich gleichsam doppelt beschenkt: Durch die Erlebnisbilder, die die Dichtung aufruft, und durch deren großartige dichterische Brechung. Nalewski hat durch seine fortwährende Beschäftigung mit dem Großlyriker noch einen dritten Lohn davongetragen: Die Mitglieder der Internationalen Rilke-Gesellschaft wählten ihn auf ihrer Tagung 2012 in Bern in Würdigung seiner wissenschaftlichen Lebensleistung zum Ehrenmitglied Mabrouk

In Karnak wars. Wir waren hingeritten
Hélène und ich, nach eiligem dîner.
Der Dragoman hielt an: die Sphinxallee —,
ah! Der Pilon: nie war ich so inmitten

mondener Welt! (Ists möglich, du vermehrst dich
in mir, Großheit, damals schon zuviel!)
Ist Reisen — Suchen? Nun, dies war ein Ziel.
Der Wächter an dem Eingang gab uns erst

Des Maßes Schreck. Wie stand er niedrig
neben dem unaufhörlichen Sich-überheben
des Tors. Und jetzt, für unser ganzes Leben,
die Säule —: jene! War es nicht genug?

Zerstörung gab ihr recht: dem höchsten Dache
war sie zu hoch. Sie überstand und trug
Ägyptens Nacht. […] (Rainer Maria Rilke)

 

Quellen:

Nalewski, Horst (Hg.), Rainer Maria Rilke. Reise nach Ägypten. Briefe, Gedichte, Notizen. Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2000

Rainer Maria, Rilke, Briefe, Bd. I, Bd. II. Hg. vom Rilke-Archiv in Weimar, Insel-Verlag Wiesbaden 1950

Muhammad Abu-Hattab Khaled, Die Al-Azhar. Ihre Geschichte, Funktion und Organisation unter besonderer Berücksichtigung ihrer germanistischen Abteilungen. Journal für Religionskultur, hg. Von Edmund Weber, Nr. 138 (2010), Goethe-Universität Frankfurt am Main

Bildnachweis: Titel: Dagmar Klementa, privat

 

 

 

 

 

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