Frau Merkel, wann fordern Sie die USA auf, die Todesstrafe abzuschaffen
Unabhängig davon, ob ich persönlich für oder gegen die Todesstrafe bin, frage ich mich doch, woher Angela Merkel die Berechtigung nahm, bei ihrem ersten (und sicher auch letzten) Besuch im Oktober in der Mongolischen Volksrepublik, der wohl nicht uneigennützig in erster Linie der Sicherung von allerlei Rohstofflieferungen diente, eine Forderung an das Land zu richten, die sie an die USA bisher nicht gerichtet hat und wohl auch in Zukunft kaum richten wird, nämlich die Todesstrafe abzuschaffen. Prinzip Gleichbehandlung!
Mir wäre das u.U. gar nicht beigefallen, wenn nicht Länder, aus denen Studenten am Herder-Institut in der deutschen Sprache unterrichtet wurden, bis heute besonders in meinem Fokus ständen. Und ein mongolischer Student, der späterhin zu den berühmtesten Absolventen zählen sollte, fällt mir immer ein, wenn von seinem Heimatland die Rede ist. Ich meine Galsan Tschinag.
1966, als ich ans Institut kam, war er noch als außergewöhnlicher Student in manchem Munde, studierte da in Leipzig bereits Germanistik, schrieb 1968 seine Diplomarbeit über Erwin Strittmatter. Der förderte auch die Veröffentlichung des ersten Buches 1981 im Verlag Volk und Wissen“Eine tuwinsche Geschichte und andere Erzählungen“. Das hatte Tschinag, Schamane und Stammesoberhaupt der turksprachigen Tuwa, der das lateinische Alphabet erst am H-I erlernte, in deutscher Sprache verfasst.
Inzwischen ist er zu einem bekannten in deutscher Sprache schreibenden Schriftsteller geworden, dessen Werke vor allem bei Suhrkamp und im Inselverlag erscheinen. 1992 wurde Galsan Tschinag mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet.